Zweistufige Lebertransplantation ist schonender als herkömmliche Methode
- Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Für Patienten mit nicht-zirrhotischen Lebererkrankungen wie Tumormetastasen in der Leber ist eine zweistufige Lebertransplantation eine gute und sichere Alternative zum üblichen operativen Vorgehen. Beim Empfänger wird zunächst nur der kleinere linke Leberlappen reseziert und durch den linken Leberlappen eines Spenders ersetzt. Der größere, rechte Leberlappen verbleibt zunächst zur Absicherung der Organfunktion und wird erst entfernt, wenn der implantierte linke Leberlappen deutlich gewachsen ist. Dadurch werden beim Empfänger die Risiken durch das kleinere Lebertransplantat minimiert. Zugleich werden Risiken für Lebendspender verringert, da weniger Lebermasse übertragen werden muss als für die Versorgung größerer erwachsener Empfänger üblich ist. Diese Operationstechnik dürfte auch häufiger eine Teillebertransplantation von gesunden Lebendspendern ermöglichen.
Hintergrund
Die Leber ist das wichtigste Organ für den menschlichen Stoffwechsel. Patienten mit chronischem oder akutem Leberversagen können nur durch eine Transplantation überleben. Da die Zahl der Spenderorgane den Bedarf bei Weitem nicht deckt, sterben jedes Jahr viele Patienten während der Wartezeit auf ein Spenderorgan. In Deutschland erhielten 2021 lediglich 60 % der Patienten auf der Leberwarteliste ein neues Organ (834/1383 Wartepatienten; [1]). Eine Leberlebendspende erfolgt bei lediglich 6 % der übertragenen Lebern, auch deshalb, weil die Risiken für den Spender höher sind als beispielsweise bei der Nierenlebendspende (2). Ein kritischer Punkt bei der Lebendspende ist das Restlebervolumen des Spenders. Da der kleinere, linke Leberlappen für einen erwachsenen Empfänger oft nicht ausreicht, werden dem Spender häufig mehrere Segmente des rechten Leberlappens entnommen. In einer internationalen retrospektiven Studie unter Beteiligung deutscher Zentren sind nun Indikationen, klinische Ergebnisse und Sicherheit eines zweistufigen Transplantationsverfahrens analysiert worden (3).
Design
- Studienform: retrospektive Analyse der Daten von 6 europäischen Transplantationszentren, darunter die Unikliniken München und Jena
- Operationsverfahren: zweistufige Lebertransplantation nach RAPID
- Erste Stufe: Resektion nur des linken Leberlappens des kranken Empfängers und Ersatz durch den linken Leberlappen eines Spenders, meist eines gesunden Lebendspenders
- Ligation des rechten Pfortaderasts beim Empfänger, so dass das gesamte portale Blut in das Transplantat auf der linken Seite fließt und dessen Wachstum ankurbelt
- Monitoring von Wachstum und Funktion des Transplantats
- Zweite Stufe: Nach deutlicher Volumenzunahme des Transplantats und guter Funktion erfolgt die Resektion des rechten Leberlappens des Empfängers
- Empfänger: 23 Patienten mit nicht resezierbaren Lebermetastasen meist kolorektaler Karzinome ohne Zirrhose
- Spender: 20 Lebendspender, 3 postmortale Spender
Hauptergebnisse
- Die Hypertrophie des transplantierten Leberteilstücks erfolgte rasch: Nach durchschnittlich 14 Tagen hatte sich das Volumen verdoppelt (+107 %), die Organfunktion war im Allgemeinen gut.
- Die zweite Stufe des Verfahrens, die Resektion des rechten Leberlappens beim Empfänger, erfolgte 10 bis 60 Tage nach Transplantation, durchschnittlich nach 14 Tagen.
- Trotz bereits bestehender Abstoßungsprophylaxe war die Wartezeit bis zum 2. Schritt nicht mit erhöhten Risiken für den Empfänger assoziiert.
- Organempfänger und Lebendspender überstanden die Eingriffe gut. Die Frühmortalität der Empfänger war mit 4,3 % gering, ebenso die Morbidität der Lebendspender (ebenfalls 4,3 %). Es gab keine irreversible 90-Tages-Morbidität der Spender und keinen Todesfall.
- Bei keinem Empfänger war eine Retransplantation erforderlich. Zwei Drittel der Patienten mit Lebermetastasen kolorektaler Karzinome überlebten 1 Jahr rückfallfrei.
Klinische Bedeutung
Die zweistufige Lebertransplantation ist sicher für die Empfänger und für Lebendspender. Das Verfahren könnte den Donorpool auf mehr Leberlebendspender erweitern, da die Risiken für die Spender gering sind.
Wie bei anderen Methoden der Lebertransplantation seien auch bei diesem Verfahren die Gallengangsanastomosen die Achillesferse, so die Autoren. Es könne zu Gallenwegslekagen an den Resektionsflächen kommen. Die Operation sollten nur erfahrene Chirurgen vornehmen. In der Studie entfernten einige Operateure den linken Leberlappen der Spender laparoskopisch.
Die Operationsmethode bedeutet eine Chance für Patienten mit Lebermetastasen, die wegen der häufig noch erhaltenen Organfunktion nicht auf die Warteliste für eine neue Leber kommen.
Finanzierung: öffentliche Mittel
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