Zunahme der Carbapenemase-produzierenden Bakterien um 60 Prozent
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Kernbotschaften
Im Jahr 2022 wurden im Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für gramnegative Krankenhauserreger mehr als 9.500 Bakterienisolate eingesendet. Dies entspricht einem Zuwachs von fast 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie aus dem aktuellen Epidemiologischen Bulletin 27/2023 hervorgeht. Zudem stieg die Anzahl der Carbapenemase-Nachweise bei den bearbeiteten Isolaten auf das höchste jemals im NRZ beobachtete Niveau.
Dabei lag die Anzahl der Einsendungen bei durchschnittlich 796 Einsendungen pro Monat, wobei die Isolate aus 301 mikrobiologischen Laboren in Deutschland stammten. Damit nahm auch die Zahl der einsendenden Labore im Vergleich zum Vorjahr zu.
Laut RKI wurde von allen Isolaten die überwiegende Anzahl zur Abklärung einer verminderten Empfindlichkeit gegenüber Carbapenemen oder der Bestätigung einer Carbapenemase eingesandt. Davon stammten 32,5 Prozent aus Rektalabstrichen, Stuhl oder Perianalabstrichen, 21 Prozent aus Urinproben, 13,3 Prozent aus Wunden, 10,6 Prozent aus respiratorischen Materialien und 9,3 Prozent aus anderen Screeningmaterialien.
Carbapenemase-Anstieg um 60 Prozent
Der Analyse zufolge fand sich im Jahr 2022 eine Carbapenemase bei 4.020 Isolaten. Dies entspricht einem Anstieg der Nachweise um 57,8 Prozent im Vergleich zu 2021 (n= 2.547) und stellt den höchsten Zuwachs dar, der jemals im NRZ beobachtet wurde. Zum Teil sei dieser Anstieg sicherlich durch die nach der COVID-19-Pandemie wieder gestiegenen Einsendezahlen zu erklären, heißt es im RKI-Bericht. Aber auch wieder gestiegene Hospitalisierungszahlen in den Krankenhäusern und die Normalisierung der Reisetätigkeiten der Bevölkerung hätten möglicherweise einen Einfluss auf die Zunahme der Carbapenemase-Nachweise.
Carbapenemase-Zuwachs bei K. pneumoniae am größten
Auffällig waren aber vor allem erhebliche Veränderungen der Nachweisraten von Carbapenemasen bei einigen der untersuchten Spezies. So wiesen bei Klebsiella pneumoniae 63,8 Prozent der untersuchten Isolate eine Carbapenemase auf, was einer Zunahme um 14,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht und damit einen der Hauptfaktoren für den beschriebenen Anstieg der nachgewiesenen Carbapenemasen darstellte, so das RKI.
Bei E. coli produzierten 68,5 Prozent der untersuchten Isolate eine Carbapenemase. Das sind 11 Prozent mehr als 2021. Desweiteren produzierten bei Spezies des E. cloacae-Komplexes 45,5 Prozent der Isolate eine Carbapenemase (2021: 41,5%) und bei Spezies des C. freundii-Komplexes sogar 89,4 Prozent (2021: 83,7%). Der Anteil der Carbapenemase-Produzenten bei A. baumannii war mit 97,7 Prozent wie in den Vorjahren sehr hoch, was laut RKI erneut die Relevanz von erworbenen Carbapenemasen für die Carbapenem-Resistenz in dieser Spezies belegt.
OXA-48 weiterhin Spitzenreiter
Die häufigste Carbapenemase in Enterobakterien war weiterhin OXA-48, die zudem eine deutliche Zunahme im Vergleich zu 2021 zeigte. Dies traf umso mehr für NDM-1 zu, deren Nachweiszahlen sich annähernd verdreifachten, was die Hauptursache für die insgesamt stark gestiegenen Carbapenemase-Nachweise darstellte.
Weitere relevante Carbapenemasen bei Enterobacterales waren der Analyse zufolge VIM-1, KPC-2, NDM-5, OXA-244, OXA-181 und KPC-3, hierbei zeigten vor allem NDM-5 und KPC-3 eine deutliche Zunahme.
Unbekannte Carbapenemasen erstmals nachgewiesen
Darüber hinaus wurden 2022 erneut bislang unbekannte Carbapenemasen das weltweit erste Mal im NRZ nachgewiesen, darunter auch die neuen Metallo-Betalaktamasen IMP-90 und die neuen Klasse A-Betalaktamasen KPC-159 und KPC-183 (sog. inhibitorresistente KPC-Varianten).
Auffällig war, dass in vielen Fällen eine Auslandsanamnese Ukraine aus den begleitenden Patienteninformationen ersichtlich war. Offenbar ist es laut RKI durch Flüchtlingsbewegungen und Hospitalisierungen von Kriegsverletzten aus der Ukraine zu einem signifikanten Eintrag von Carbapenemase-produzierenden Bakterienstämmen nach Deutschland gekommen.
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