Weniger Suizidversuche unter dialektischer Verhaltenstherapie
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Mit einer halbjährigen dialektischen Verhaltenstherapie (dialektisch-behaviorale Therapie, DBT) ist es gelungen, suizidale Verhaltensweisen bei weiblichen Jugendlichen deutlich stärker zu reduzieren, als mit einer unspezifischen Psychotherapie.
Hintergrund
Mehr als 10.000 Menschen nahmen sich im Jahr 2015 in Deutschland das Leben. Bei Kindern und Jugendlichen war ein Suizid nach Unfällen die zweithäufigste Todesursache. Wie die Autoren schreiben, gibt es indes nur wenig Evidenz zu effektiven Behandlungen für Heranwachsende mit suizidalem oder selbstverletzendem Verhalten. Die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) basiert auf der kognitiven Verhaltenstherapie und wurde in den 1980er Jahren speziell für Patienten entwickelt, die zur Selbst- oder Fremdgefährdung neigen. Sie soll die Fähigkeit vermitteln, Emotionen zu kontrollieren, Stress zu ertragen und ein besseres Leben aufzubauen.
Design
Ziel der Studie war es, die Wirksamkeit einer sechsmonatigen DBT im Vergleich zu einer unspezifischen unterstützenden individuellen- und Gruppentherapie zu messen, die jeweils ein Mal pro Woche stattfand. Dazu wurden insgesamt 173, fast ausschließlich Patientinnen zwischen 12 und 18 Jahren in vier Lehrkliniken gewonnen, die zuvor mindestens einen Suizidversuch begangen hatten und die mindestens 3 Kriterien für eine Borderline-Persönlichkeitsstörung erfüllten. Im einjährigen Follow-Up wurde mit dem „Suicide Attempt Self-Injury“-Interview die Zahl der Suizidversuche erfasst, sowie nicht-suizidale Selbstverletzungen und Selbstverletzungen insgesamt.
Hauptergebnisse
Die DBT erwies sich bei allen primären Studienzielen als überlegen:
- In dieser Gruppe unternahmen 9,7 % einen Suizidversuch gegenüber 21,1 % in der Kontrollgruppe. Das Chancenverhältnis OR wurde berechnet für die Patienten, die keinen Suizidversuch unternahmen und betrug 0,30 somit bei einem 95%-Konfidenzintervall von 0,10 – 0,91).
- Nichtsuizidale Selbstverletzungen unter DBT: 43,1 %, Kontrolle: 60,0 % (OR für keine nichtsuizidale Selbstverletzung 0,32; 95%-KI 0,13 – 0,70).
- Selbstverletzungen insgesamt: 45,8 % vs. 63,1 % (OR für keine Selbstverletzung 0,33; 95 %-KI 0,14 – 0,78).
Klinische Bedeutung
Die Forscher berichten, dass im einjährigen Follow-Up die Rate an Selbstverletzungen abnahm, und damit auch der Vorteil für die DBT, sodass er für den Zeitraum von 6 – 12 Monaten nicht mehr signifikant war. Auch hatten 75,6 % der Patienten ihre DBT abgeschlossen, gegenüber nur 55,2 % in der Kontrollgruppe, was jedoch den Berechnungen zufolge das Ergebnis nicht maßgeblich beeinflusst haben soll. Schließlich gilt das Ergebnis streng genommen nur für weibliche suizidale Heranwachsende, die 94,8 % der Studienpopulation ausmachten. Für die Autoren sind die Resultate dennoch Beleg für die DBT als „die erste, gut etablierte empirisch belegte Behandlung zur Reduktion wiederholter Suizidversuche und Selbstverletzungen bei Jugendlichen“.
Finanzierung: National Institute of Mental Health.
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise