Weltweit 1,2 Millionen Todesfälle infolge von Antibiotika-Resistenzen

  • Andrea Hertlein
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

Im Jahr 2019 starben mehr als 1,2 Millionen Menschen an einer Infektion mit einem Antibiotika-resistenten Erreger. Bei fast fünf Millionen Todesfällen war eine solche Infektion mindestens mitursächlich für den Tod, wie aus der Gobal Burden Disease Study hervorgeht. Die kürzlich im Fachmagazin "The Lancet" veröffentlichte Analyse zeigt, dass Antibiotika-Resistenzen inzwischen eine der häufigsten Todesursachen weltweit sind, noch vor HIV/AIDS und Malaria.

Der Bericht "Global Research on Antimicrobial Resistance" (GRAM) schätzte die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit 23 Erregern und 88 Erreger-Wirkstoffkombinationen in 204 Ländern und Gebieten für das Jahr 2019. Damit sei die nun vorliegende Analyse die bisher umfassendste, so die Wissenschaftler. Mit Hilfe statistischer Modelle wurden Schätzungen der Auswirkungen von Antibiotika-Resistenzen in allen Ländern erstellt, wobei Daten aus systematischen Literaturüberprüfungen, Krankenhaus-Datenbanken, Überwachungssystemen und anderen Quellen verwendet wurden.

Diese neuen Daten legen das wahre Ausmaß des Problems antimikrobieller Resistenzen weltweit offen und sind ein klares Signal, dass wir jetzt handeln müssen“, wird Mitautor der Studie, Chris Murray vom Institute for Health Metrics and Evaluation an der University of Washington in einer Mitteilung des Fachmagazins zitiert. „Frühere Schätzungen gingen von 10 Millionen jährlichen Todesfällen aufgrund von Antibiotika-Resistenzen bis zum Jahr 2050 aus, aber wir wissen jetzt mit Sicherheit, dass wir dieser Zahl schon viel näher sind als wir dachten.“

Lungenentzündung, Sepsis und intraabdominelle Infektionen

Laut den Berechnungen der Wissenschaftler machten Infektionen der unteren Atemwege den größten Anteil an den Todesfällen durch Antibiotika-Resistenzen aus. So starben mehr als 400.000 Menschen direkt an antibiotikaresistenten Pneumonien, mehr als 1,5 Millionen Todesfällen wurden damit in Verbindung gebracht. Arzneimittelresistenzen bei Infektionen der Blutbahn - die zu einer lebensbedrohlichen Sepsis führen können – waren für rund 370.000 Todesfälle verantwortlich und bei fast 1,5 Millionen involviert. An antibiotikaresistenten intraabdominellen Infektionen starben rund 210.000 Menschen und bei rund 800.000 Todesfällen waren sie beteiligt.

Kinder und Menschen in ärmeren Ländern besonders gefährdet

Während Antibiotika-Resistenzen eine Bedrohung für Menschen aller Altersgruppen darstellt sind laut Analyse Kleinkinder einem besonders hohen Risiko ausgesetzt: Etwa jeder fünfte Todesfall, der auf antimikrobielle Resistenzen (AMR) zurückzuführen sei, trete bei Kindern unter fünf Jahren auf, heißt es in einer Mitteilung der University von Washington.

Afrika südlich der Sahara ist mit 255.000 Todesfällen aufgrund von AMR in nur einem Jahr am stärksten belastet, wobei die Zahl der durch Impfung vermeidbaren bakteriellen Pneumokokken-Erkrankungen besonders hoch ist, räumen die Wissenschaftler ein. Aber auch in Ländern mit hohem Einkommen seien die Werte alarmierend hoch, vor allem bei Escherichia coli, das häufig Niereninfektionen verursacht, und Staphylococcus aureus, der häufig in Krankenhäusern erworben wird und Infektionen der Blutbahn verursachen kann.

 Antibiotika-Resistenzen bei Fluorchinolonen und Beta-Laktamantibiotika.am häufigsten

Von den 23 untersuchten Krankheitserregern führte die Arzneimittelresistenz allein bei sechs pathogenen Keimen (E. coli, S. aureus, K. pneumoniae, S. pneumoniae, A. baumannii und P. aeruginosa) direkt zu 929.000 Todesfällen und wurde mit 3,57 Millionen in Verbindung gebracht. Sechs weitere Erreger (M. tuberculosis, Enterococcus faecium, Enterobacter spp, Streptococcus agalactiae , S. Typhi und Enterococcus faecalis) waren jeweils für 100.000 bis 250.000 Todesfälle verantwortlich.

Die Erreger-Wirkstoffkombination Methicillin-resistenter S. aureus (MRSA) -verursachte den Schätzungen zufolge 2019 mehr als 100.000 Todesfälle. Die meisten Antibiotika-Resistenzen betrafen Fluorchinolone und Beta-Laktamantibiotika. Ihre resistenzbedingte Wirkungslosigkeit war laut Analyse für 70 Prozent der Todesfälle verantwortlich.

Die Autoren der Studie unterstreichen die dringende Notwendigkeit, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotika-Resistenz zu verstärken, und skizzieren Sofortmaßnahmen für politische Entscheidungsträger, die dazu beitragen sollen, Leben zu retten und Gesundheitssysteme zu schützen. Dazu gehören die Optimierung des Einsatzes vorhandener Antibiotika, verstärkte Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle von Infektionen und die Bereitstellung von mehr Mitteln für die Entwicklung neuer Antibiotika und Behandlungen.