Der Schlaf soll dem Philosophen Kant zufolge helfen, die Mühen des Lebens zu ertragen. Das funktioniert allerdings kaum, wenn immer wieder Albträume aus dem Schlaf reißen. Solche Träume, die wahrscheinlich jeder in seinem Leben schon erlebt hat, werden definiert als „Träume mit stark negativen Emotionen, sehr häufig Angst, aber auch Wut, Trauer, Ekel, die meist zum Erwachen führen“.
Manche Betroffene träumen, von einem schwarzen Mann mit Messer verfolgt zu werden, andere, einen Abgrund hinabzustürzen. Da die Betroffenen direkt aufwachen, erinnern sie sich in der Regel gut an die Inhalte ihrer Albträume - anders als bei harmlosen Träumen, deren Inhalte nach dem Aufwachen meist vergessen sind.
„Albträume kennt fast jeder Mensch", so die Psychologin Annika Gieselmann von der Universität Düsseldorf in einem Beitrag in der Wochenzeitung „Die Zeit“. Laut den Schlafforschern Professor Michael Schredl vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim und Dr. Jürgen Hoppe (Privatpraxis für Schlafschulung, Hamburg) wird die Prävalenz von häufigen Albträumen in der Allgemeinbevölkerung auf etwa fünf Prozent geschätzt. Am häufigsten von gelegentlichen Albträumen (etwa ein Albtraum pro Woche) betroffen sind Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren. Frauen berichten öfter über Albträume als Männer. Sehr hoch ist die Prävalenz häufiger Albträume mit 30 Prozent bei Personen mit psychischen Störungen wie Depression, Angsterkrankung und Persönlichkeitsstörung, noch höher mit 60 bis 70 Prozent bei Patienten mit posttraumatischer Belastungsstörung.
In stressigen und krisenbehafteten Zeiten – wie aktuell den unseren– treten Albträume häufiger auf. 10-15 Prozent aller wiederkehrenden Albträume sind sogenannte Täterträume, in denen der Schlafende jemanden verletzt oder gar tötet, wie Professor Reinhard Pietrowsky von der Universität Düsseldorf in seinem Vortrag bei der 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (10.-12. November 2022 in Wiesbaden) berichten wird.
Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass diese Träumer keine verkappten Gewalttäter seien. „Im Gegenteil“, sagt Reinhard Pietrowsky, „es sind meist eher zurückhaltende, oft auch kreative Menschen, die durch Träume verschiedene Lösungsmöglichkeiten für reale Probleme durchspielen. Und eine davon kann auch eine aggressive sein. Jedoch würden diese Menschen in der überwiegenden Zahl diese Lösung dann nicht real umsetzen.“ Albträume sind also auch eine Chance, seine Ängste und Probleme zu erkennen und sich mit Ihnen auseinanderzusetzen.
Gene, Medikamente, Neurotizismus
In der Ätiologie und Pathogenese der Albtraumstörung spielen sicher Gene eine Rolle. Einen Zusammenhang gibt es nach gemeinsamen Untersuchungen von Schredl und anderen Schlafforschern zudem mit Persönlichkeitsmerkmalen wie Neurotizismus (Depressivität, Ängstlichkeit, Reizbarkeit), Darüber hinaus können Albträume als Nebenwirkung einer Pharmakotherapie auftreten, etwa einer Behandlung mit Antidepressiva wie Mirtazapin, Fluoxetin, Sertralin und Clomipramin, auЯerdem bei Therapie mit Antidementiva wie Donepezil und Rivastigmin.
Therapie der Wahl: Imagery Rehearsal Therapy
Es gibt allerdings auch gute Nachrichten: Patienten mit Albträumen kann geholfen werden. Ungeeignet zur Therapie der Albtraumstörung sind jedoch in der Regel Antidepressiva oder Anxiolytika. Geeignet ist hingegen die als "therapeutischer Goldstandard geltende Imagery Rehearsal Therapy (IRT) - und zwar in allen Altersgruppen.
Bei dieser Therapie beschwören Patienten in ihrem Kopf Bilder aus ihren Albträumen herauf und lernen, diese durch weniger furchteinflößende Varianten zu ersetzen. Der erste Schritt der Therapie besteht aus dem Aufschreiben des Traums. Im zweiten Schritt wird die betroffene Person angeregt, sich vorzustellen, in der Traumsituation anders zu handeln. Der dritte und letzte Schritt ist das Üben zu Hause. Ein Problem der IRT: Manchmal schwankt das Vermögen der Patienten, sich Albtraumszenarien vorzustellen. Gerade Kinder haben damit Mühe. Die Behandlungsmethode ist dennoch nicht nur relativ einfach, sondern auch wirksam. Über diese Therapie-Option berichtet Reinhard Pietrowsky unter anderem in seinem Vortrag „Nachts, wenn die Elfen kommen. Albträume und ihre Behandlung“ anlässlich der Jahrestagung und Schlafmedizin (DGSM).
Alptraum oder auch Albtraum lässt sich zurückführen auf das Althochdeutsche „alp“ oder „alb“. Von der Wortherkunft ist es mit “elfen” verwandt. Im germanischen Volksglauben stehen die “elfen” für kleine Erdgeister, die letztlich als böse Dämonen und Geister angesehen wurden
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