Vorhersage-Algorithmus für Vitalzeichen könnte den Schlaf von Krankenhauspatienten verbessern

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Die nächtliche Überwachung von Vitalzeichen bei Krankenhauspatienten kann mithilfe eines Vorhersage-Algorithmus um annähernd 50 % reduziert werden, ohne die Häufigkeit von Delirium, Herzalarmen oder Verlegungen auf die Intensivstation zu erhöhen.

Hintergrund

Iatrogene Unterbrechungen des Schlafes sind bei Krankenhauspatienten häufig und wirken sich negativ auf das körperliche und seelische Befinden aus. Unklar ist, ob bzw. bei welchen Patienten Überwachungsmaßnahmen sicher reduziert werden können.

Design

Randomisierte klinische Studie mit 1930 Krankenhausaufenthalten von 1699 Patienten (Durchschnittsalter 53 Jahre, 59 % männlich), die auf Allgemeinstationen eines tertiären akademischen medizinischen Versorgungszentrums (University of California, San Francisco (UCSF), Medical Center) behandelt wurden.

Zunächst wurde ein für Notaufnahmen entwickeltes logistisches Regressionsmodel angewandt, das Anhand von tagsüber gemessenen Parametern wie Blutdruck, Puls und Atmung eine Vorhersage lieferte, ob die Vitalzeichen nachts normal oder abnormal sein würden. Das Modell wurde mit 70 % der Datensätze trainiert und mit den verbleibenden 30 % getestet, wobei eine Genauigkeit von 84 % (positiver Vorhersagewert) bzw. 70 % (negativer Vorhersagewert) erreicht wurde.

Die jeweils diensthabenden Ärzte entschieden mit diesen Informationen, ob die Messung der nächtlichen Vitalzeichen vollständig eingestellt wurde oder nur für eine Stunde bzw. einen Tag. Die Kontrollgruppe bestand aus Patienten, die statt dieser Intervention die normale Versorgung erhielten.

Ergebnisse

  • Das primäre Studienziel war die Inzidenz von Delirium. Sie war mit 11 % unter der Intervention gegenüber 13 % im Kontrollarm nicht signifikant verschieden (P = 0,32).
  • Zu den sekundären Studienzielen gehörte die durchschnittliche Anzahl der nächtlichen Überprüfungen von Vitalzeichen. Diese war unter der Intervention mit 0,97 signifikant niedriger als im Kontrollarm (1,41; P < 0,001).
  • In beiden Gruppen mussten jeweils 5 % der Patienten auf die Intensivstation verlegt werden. Numerisch war die Häufigkeit eines „Code Blau“ (Herzalarm mit Bedarf sofortiger Reanimation) mit 2 gegenüber 9 Ereignissen unter der Intervention zwar seltener, jedoch war auch dieser Unterschied nicht signifikant (P = 0,07).

Klinische Bedeutung

Mit dem hier getesteten Algorithmus konnte die Häufigkeit der nächtlichen Kontrollen der Vitalzeichen bei Krankenhauspatienten auf Allgemeinstationen deutlich reduziert werden, ohne dass dies mit negativen Konsequenzen verbunden war. Die Autoren sehen darin das Ziel erfüllt, den Patienten auf sichere Weise bessere Schlafmöglichkeiten zu bekommen. Allerdings wurden weder diese Schlafzeiten selbst berichtet noch mögliche Auswirkungen auf die körperliche oder geistige Verfassung gemessen.

Finanzierung: University of California, San Francisco.