Ventrikuläre Arrhythmien bei Krebstherapeutika: eine Pharmakovigilanz-Studie liefert Daten

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Eine Auswertung der WHO-Pharmakovigilanz-Datenbank VigiBase liefert Daten zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen im Zusammenhang mit unterschiedlichen medikamentösen Krebstherapien. 

Hintergrund

In der medikamentösen Tumor-Therapie hat sich viel getan, etwa durch die Entwicklung von Immuntherapien. Die Schattenseite auch moderner Krebsmittel sind Nebenwirkungen, von denen manche lebensbedrohlich sind. Dazu zählen unter anderen ventrikuläre Arrhythmien. Ein Team von französischen und US-amerikanischen Wissenschaftlern hat nun untersucht, wie häufig ventrikuläre Arrhythmien (VA) bei den unterschiedlichen medikamentösen Krebstherapien sind.

Design

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler die WHO-Pharmakovigilanz-Datenbank VigiBase (n = 18 441 659 Berichte) herangezogen. Analysiert wurden 18 123 Fälle eines medikamenteninduzierten langen QT-Syndroms  diLQT) sowie  29 193 ventrikuläre Arrhythmie-Fälle (einschließlich Torsade de pointes (TdP, n = 8163), die bis zum 01.01.2019 für 663 Krebsmedikamente gemeldet wurden. 

Hauptergebnisse

  • Es gab 2301 Berichte (13,8 % mit tödlichem Ausgang) für 40 Krebsmedikamente, die signifikant mit einem QT-Syndrom assoziiert waren (davon 27 auch mit ventrikulären Arrhythmien oder Plötzlichem Herztod) und neun Medikamente mit VA ohne diLQT).
  • Die Hälfte dieser 49 medikamentösen Therapien (46,9 %, 23/49) wurde mit Plötzlichem Herztod in Verbindung gebracht. 
  • 20 von 49  (41 %) waren Kinase-Inhibitoren, vier (acht %) waren Hormontherapien, drei der 49 (6 %) waren Immuntherapien, 12 (24 %) waren Zytostatika und 10 (20 %) sonstige Arzneimittel. 
  • Die Zahl der Berichte über diLQT, TdP oder VA stieg von 580 im Zeitraum 1967-83 auf 15 070 im Zeitraum 2014-18; dabei nahm der Anteil der Meldungen im Zusammenhang mit Krebsmedikamenten von 0,9 % (5/580) auf 14,0 % (2115/15 070) zu (p < 0,0001). 

Klinische Bedeutung

Die Datenbank-Auswertung kann nach Angaben der Autoren für behandelnde Ärzte und für Zulassungsbehörden wichtige Informationen zum kardiologischen Monitoring bei Patienten liefern, die medikamentöse Krebs-Therapien erhalten.

Ausführliche Informationen und Empfehlungen zu kardiologischen Komplikationen bei onkologischen Therapien enthält ein 2020 publiziertes Konsensuspapier von deutschen Fachgesellschaften der Kardiologie, Pädiatrie und Onkologie. Nach Angaben der Autoren benötigen drei spezifische Patientengruppen eine kardiologische Mitbetreuung unter onkologischer Therapie: 

  • Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren. 
  • Patienten nach systemischer Therapie bzw. Radiotherapie des Thorax. Sie gehörten  ebenfalls zu einem Hochrisikokollektiv für kardiotoxische Effekte.
  • Patienten, bei denen eine Therapie mit einem deutlich erhöhten Risiko für eine Kardiotoxizität geplant ist. Bei ihnen sei eine genaue kardiale Basisuntersuchung indiziert, um dann den Verlauf beurteilen zu können.

Das Konsensuspapier enthält auch Informationen zu kardiologischen Nebenwirkungen bei noch recht neuen Tumor-Therapien wie der CAR-T- Zelltherapie und den Proteasom-Inhibitoren. 

Finanzierung: Groupe Hospitalier Pitie-Salpetriere