Vegetarier: höheres Hüftfraktur-Risiko als Fleischesser?

  • Rob Hicks
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Kernbotschaften

Vegetarisch lebende Frauen und Männer haben ein höheres Risiko für Hüftfrakturen als Menschen, die regelmäßig Fleisch essen, so das Ergebnis einer Studie von Wissenschaftlern der Universität Leeds (BMC Medicine). Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass ein Verständnis der Ernährungsqualität und der Ausgewogenheit der Hauptnährstoffe dazu beitragen könnte, dieses Risiko zu verringern.

Hüftfrakturen kosten den NHS (National Health Service) jedes Jahr schätzungsweise zwei Milliarden Pfund. Sie seien ein "wachsendes Problem in einer alternden Gesellschaft und können zu einer Schwächung der Gesundheit und einem Verlust an Lebensqualität führen", so d James Webster von der School of Food Science and Nutrition der Universität Leeds. Obwohl bereits bekannt war, dass vegetarisch lebende Frauen ein "erhöhtes" Risiko für Hüftfrakturen haben, blieben die Gründe dafür unklar, betonten Webster und seine Kollegen.  Außerdem seien die Studien, die sich mit den Auswirkungen einer vegetarischen Ernährung auf Männer befassten, "klein und nicht schlüssig" gewesen, fügten sie hinzu.

Daten aus der UK Biobank

Die Wissenschaftler untersuchten das Risiko von Hüftfrakturen bei gelegentlichen Fleischessern, Pescatariern (kein Fleisch, aber Fisch) und Vegetariern im Vergleich zu regelmäßigen Fleischessern; zudem untersuchten sie die Rolle potenzieller Mediatoren für beobachtete Risikounterschiede.

In der Beobachtungsstudie wurden Daten aus der britischen Biobank von 413.914 Männern und Frauen analysiert, die entweder regelmäßige Fleischesser waren (definiert durch fünf- oder mehrmaligen Fleischverzehr pro Woche), gelegentliche Fleischesser (definiert durch einen Fleischverzehr von weniger als fünfmal pro Woche), Pescatarier (definiert durch den Verzehr von Fisch, aber nicht von Fleisch) oder Vegetarier (definiert durch den Verzehr von Milchprodukten, aber nicht von Fisch oder Fleisch). Bei der Rekrutierung waren die Pescatarier und Vegetarier im Durchschnitt jünger als die Fleischesser, obwohl die Zeit bis zur Hüftfraktur und das Alter bei Hüftfraktur in allen Ernährungsgruppen ähnlich waren. Die Daten der Probanden wurden mit ihren Krankenhausakten verknüpft, und die Fälle von Hüftfrakturen wurden in der Nachbeobachtungszeit bis 2021 erfasst. Über eine mediane Nachbeobachtungszeit von 12,5 Jahren wurden 3.503 Hüftfrakturen beobachtet, was 0,8% der Kohorte entsprach. 

Die Forscher fanden heraus, dass Vegetarier (HR 1,50) - nicht aber gelegentliche Fleischesser (HR 0,99) oder Pescatarier (HR 1,08) - nach Bereinigung um Störfaktoren ein höheres Risiko für Hüftfrakturen hatten als regelmäßige Fleischesser. 

"Sowohl Männer als auch Frauen, die sich vegetarisch ernähren, haben ein um 50% höheres Risiko für eine Hüftfraktur im Vergleich zu Menschen, die regelmäßig Fleisch essen", so die Autoren. Obwohl das Gesamtrisiko für eine Hüftfraktur niedrig war, war das relative Risiko zwischen Vegetariern und regelmäßigen Fleischessern "groß", sagten sie.

Es gab keinen Unterschied im Risiko zwischen gelegentlichen und regelmäßigen Fleischessern. Pescatarier hatten ein geringfügig höheres Risiko (8%) als regelmäßige Fleischesser, doch dieser Unterschied war nicht signifikant, berichten die Forscher. 

Webster betonte, dass Vegetarier zwar ein um 50% höheres Risiko für Hüftfrakturen aufwiesen als Fleischesser, dass dies aber "nur 3 Hüftfrakturen mehr pro 1.000 Menschen über 10 Jahre" bedeute. Die Autoren sagten voraus, dass im Durchschnitt 6,5 regelmäßige Fleischesser und 6,5 gelegentliche Fleischesser eine Hüftfraktur erleiden würden, während es bei den Pescatariern 7 Fälle und bei den Vegetariern 9,5 Fälle geben würde.

Angemessene Nährstoffzufuhr und Gewichtsmanagement 

Die Autoren wiesen darauf hin, dass sie nur begrenzte Hinweise auf eine Effektmodifikation des Hüftfrakturrisikos durch den BMI in den verschiedenen Ernährungsgruppen gefunden hatten, und keine eindeutigen Hinweise auf eine Effektmodifikation durch Alter oder Geschlecht.
"Der niedrigere durchschnittliche BMI bei Vegetariern erklärt einen Teil des beobachteten Risikounterschieds im Vergleich zu regelmäßigen Fleischessern", so die Autoren, "aber ein großer Teil bleibt unerklärt". Bei Vegetariern war die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Empfehlungen für die Eiweißzufuhr einhielten, um etwa 17% geringer als bei Fleischessern, stellten sie fest. 

Die Gewährleistung einer angemessenen Nährstoffzufuhr und Gewichtskontrolle sei bei Vegetariern im Zusammenhang mit der Prävention von Hüftfrakturen besonders wichtig, so die Autoren. "Vegetarier müssen sicherstellen, dass sie sich ausgewogen und proteinreich ernähren und einen gesunden BMI beibehalten", mahnte Webster.

Nach Ansicht von Professor Janet Cade, Leiterin der Gruppe für Ernährungsepidemiologie an der Universität Leeds und Leiterin der Studie, hat eine vegetarische Ernährung zwar gesundheitliche Vorteile, aber ein besseres Verständnis der Ernährungsqualität und der Ausgewogenheit der Hauptnährstoffe könnte dazu beitragen, "das Risiko zu verringern und die künftige Knochengesundheit zu verbessern". "Die gesundheitlichen Vorteile einer vegetarischen Ernährung, einschließlich eines geringeren Risikos für Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, könnten das erhöhte Risiko für Hüftfrakturen immer noch überwiegen", so Webster.

Dieser Beitrag ist im Original erschienen auf medscape.com und von Dr. Petra Kittner übersetzt worden.