US-Studie legt nahe: SARS-CoV-2 in der Schwangerschaft erhöht das Risiko neuronaler Entwicklungsstörungen
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Eine Kohortenstudie bei circa 8.000 Geburten ergab, dass eine mütterliche SARS-CoV-2-Exposition während der Schwangerschaft mit einem annähernd doppelt so hohen Risiko für Frühgeburten und neuronale Entwicklungstörungen der Kinder im ersten Lebensjahr einhergeht, und dass diese Assoziation bei SARS-CoV-2-Positivität im 3. Trimester besonders stark ist.
Hintergrund
Mehrere epidemiologische Studien deuten darauf hin, dass eine Aktivierung des mütterlichen Immunsystems während der Schwangerschaft die Entwicklung des Nervensystems der Kinder beeinträchtigen könnte. Hier ging man der Frage nach, ob eine Exposition in utero mit SARS-CoV-2 mit dem Risiko in den ersten 12 Monaten assoziiert ist.
Design
Retrospektive Kohortenstudie mit 7.772 Kindern, die in 6 Kliniken im US-Bundesstaat Massachusetts geboren wurden - darunter 222, deren Mütter während der Schwangerschaft mittels eines PCR-Tests positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden waren. Die Diagnosen von neuronalen Entwicklungsstörungen gemäß ICD-10 während der ersten 12 Lebensmonate wurden den soziodemographischen und klinischen Charakteristika der Mütter und Kinder gegenübergestellt.
Ergebnisse
- Die Rate an Frühgeburten war mit 14,4 gegenüber 8,7 % bei Müttern signifikant höher, die man positiv auf das Coronavirus getestet hatte (P = 0,003).
- Die Rate von neuronalen Entwicklungsstörungen war bei Kindern, deren Mütter positiv getestet wurden, signifikant erhöht. In nicht adjustierten Modellen ergab sich ein Chancenverhältnis OR von 2,17 (95%-Konfidenzintervall 1,24 – 3,79; P = 0,006), nach Einberechnung der ethischen Zugehörigkeit, Versicherungsstatus, Geschlecht der Kinder, Alter der Mutter und Frühreife bei der Geburt war das Ergebnis mit einer OR von 1,86 (95%-KI 1,03 – 3,36) noch knapp signifikant (P = 0,04).
- Infektionen im 3. Trimester waren besonders häufig mit der Diagnose einer neuronalen Entwicklungsstörung assoziiert (adjustierte OR 2,34; 95%-KI 1,23 – 4,44; P = 0,01).
- Unter den Störungen gemäß ICD-10 fanden sich nach SARS-CoV-2-Positivität in der Schwangerschaft bei den Kindern gehäuft Störungen motorischer Funktionen (F82), Sprachstörungen und Sprachentwicklungsstörungen (F80.1 und F80.9).
Klinische Bedeutung
Gemäß den Autoren hat diese Studie mit ihren relativ kleinen Fallzahlen Hinweise erbracht, dass die mütterliche Exposition gegenüber SARS-CoV-2 in der Schwangerschaft mit Spätfolgen für die neuronale Entwicklung einiger Nachkommen assoziiert sein könnte. Dies wäre angesichts der Evidenz für andere virale Erkrankungen plausibel. Zur Bestätigung oder zum Ausschluss von Verzerrungen sind jedoch weitere Studien mit längerer Nachverfolgungszeit erforderlich.
Finanzierung: National Institute of Mental Health, National Institute of Child Health and Human Development.
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