Urologen stellen sich auf COVID-19 ein, kämpfen jedoch mit den Folgen
- Pak JS & al.
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Der Aufruf erfolgte am 25. März von der Leitung des Krankenhauses am Irving Medical Center der Columbia University in New York City und forderte Freiwillige aufgrund des Andrangs an COVID-19-Patienten in der Notaufnahme (NA) zu Hilfeleistung auf. Knapp über eine Woche später wurden in Operationssälen behelfsmäßige Intensivstationen (ITS) eingerichtet.
Die Abteilung für Urologie war in hohem Maß eingebunden. Letztlich meldeten sich 16 Assistenzärzte, 14 Belegärzte, zwei spezialisierte Pflegefachkräfte und drei medizinische Helfer als Freiwillige, um den Ansturm zu bewältigen – über die Hälfte der Abteilung.
Sie berichten in einem Artikel, der am 12. Juli in Urologie als Journal-Preproof veröffentlicht wurde, von ihren Erfahrungen. Sie hoffen, dass ihre Geschichte helfen wird, indem sie anderen „bei der Reaktion auf diese und zukünftige Pandemien“ als Orientierung dient.
Seit April haben sich die Dinge wieder etwas beruhigt, und die medizinischen Dienste in der Urologie werden langsam wieder hochgefahren. Doch es herrsche „Unsicherheit darüber, wann und ob wir überhaupt wieder zur ‚Normalität‘ zurückkehren werden“. Insbesondere bei Krebspatienten „wird es viel schwieriger sein, die Verzögerungen in der chirurgischen Versorgung aufzuholen“, sagen die Autoren unter der Leitung von Jamie Pak, MD, einem Urologie-Assistenzarzt im fünften Jahr und einem der Freiwilligen.
Die Urologen in Columbia arbeiten nun 6 Tage die Woche, einschließlich sonntags, um den Rückstand chirurgischer Fälle aufzuarbeiten.
Ein Blick hinter die Kulissen
Mitte März war klar, dass sich ein Problem entwickeln würde. Die Notaufnahme war überlaufen, viele Erstversorger waren in Quarantäne und alle Elektivoperation wurden gestrichen. Den Ärzten war klar, dass eine Umstrukturierung unmittelbar bevorstand.
Die Urologie war eine der ersten Abteilungen, die sich freiwillig meldete. „Sich freiwillig zu melden war definitiv mit Ängsten verbunden“, auch mit Bedenken hinsichtlich der persönlichen Sicherheit. „Es gab keine Möglichkeit vorherzusagen, was uns erwarten würde. Es war schon etwas angsteinflößend“, so Pak in einem Interview.
Pak und seine Kollegen wurden in der Notaufnahme mit einer überwältigenden Anzahl an Patienten konfrontiert, viele an Beatmungsgeräten und einige in Betten auf den Fluren. Nahezu jeder Patient hatte eine vermutete oder bestätigte COVID-19-Erkrankung.
Pak und seine Kollegen halfen je nach Notwendigkeit und tauschten zum Beispiel Sauerstofftanks aus, legten Zugänge und Foley-Katheter, führten Herzdruckmassagen durch und kontrollierten Vitalzeichen, alles unter der Aufsicht von ausgebildeten Intensivmedizinern.
„Es war bizarr. In der Urologie begegnen wir manchmal sehr kranken Patienten, aber definitiv nicht routinemäßig“, sagte Pak. Er merkte an, dass die Ausbildung auf der ITS für Assistenzärzte der Urologie lediglich einen Monat dauert.
Es war sofort klar, dass es keine ausreichenden ITS-Kapazitäten gab, so dass die Freiwilligen aus der Urologie Anfang April eine ITS mit 16 Betten in der NA einrichteten. „Es waren jeweils ein Beleg- und ein Assistenzarzt für die Eingabe von Bestellungen, das Überprüfen von Ergebnissen aus Laboruntersuchungen und bildgebenden Verfahren verantwortlich, passten Einstellungen an Beatmungsgeräten an, kontaktierten Berater und lernten Freiwillige aus anderen Abteilungen ein,“ schreibt das Team.
Bald waren die 16 Betten nicht mehr ausreichend, so dass mehrere Operationssäle am Milstein Hospital der Universität zu „Pop-up“-Intensivstationen mit vier Betten umgewandelt wurden. Zudem wurde eine ITS mit sechs Betten im präoperativen Wartebereich des Allen Hospitals, einem Satellitenkrankenhaus der Columbia University in Nord-Manhattan, eingerichtet.
Den Kontakt mit den Familien halten
Überflutet mit intensivmedizinischer Versorgung und anderweitiger Betreuung, fiel die Aufgabe, die Familien auf den neuesten Stand zu bringen, bisweilen an Pak und anderen Assistenzärzte. „Es herrschte viel Angst und Stress unter ihnen, weil sie nicht miterleben konnten, was unternommen wurde“, sagte er.
„Es war schwierig, die Ernsthaftigkeit der Situation zu vermitteln und sie dazu aufzufordern, die Obhut für ein Familienmitglied aufzugeben, das sie nicht einmal sprechen, sehen oder berühren konnten. Es war wirklich schwierig, diese Gespräche zu führen“, kommentierte Pak.
„Meine Großmutter mütterlicherseits befand sich in einem Pflegeheim und starb an COVID-19, und ich konnte nicht zur Beisetzung gehen. Ich fühle mit diesen Familien mit“, ergänzte er.
Das Team schreibt jedoch auch: „Wir sind der düsteren Realität einer kritischen Erkrankung und des Tods infolge von COVID-19 bei unseren Patienten, Kollegen, Familien und Freunden begegnet. Unsere Angst wurde von Gefühlen wie Schuld, Hilflosigkeit und Trauer begleitet.“ Experten für psychische Gesundheit an der Columbia University hielten virtuelle Gruppensitzungen als Hilfestellung ab.
Seitdem hat die Abteilung für Urologie der Columbia University eine neue Aufgabe in Angriff genommen: Eine entgleiste medizinische Versorgung wieder ins Gleis zu bringen.
Die stationären urologischen Konsultationen gingen im Hauptkrankenhaus während der Krise von etwa 15 pro Tag auf manchmal gar keine zurück und beschränkten sich zumeist auf das Legen eines Foleykatheters bei kritisch kranken Patienten und die Behandlung einer häufig im Zusammenhang mit einer COVID-19-bedingten Antikoagulation auftretenden Makrohämaturie. Das wöchentliche Pensum an Operationen reduzierte sich von etwa 40 endourologischen und 20 offenen/laparoskopischen/roboterassistierten Eingriffen vor der Pandemie auf nur eine Handvoll, wenn überhaupt.
Ambulante Patienten wurden auf Televisiten per Telefon oder Video umgestellt und urologische Notfälle wurden in der ambulanten Klinik behandelt, um den Kontakt mit der NA zu minimieren. Um die Ausbildung der Assistenzärzte nicht zu unterbrechen, führte die Abteilung tägliche virtuelle Vorlesungen auf Zoom ein. Die Assistenzärzte wetteiferten darum, wer die höchste Punktzahl im Da-Vinci-Skills-Simulator erzielen konnte.
Die Verzögerungen bei den operativen Eingriffen waren „besonders besorgniserregend für Patienten mit Hochrisiko-Krebserkrankungen, die innerhalb von Wochen fortschreiten können und dies auch tun, wie z. B. Blasenkrebs und große Raumforderungen der Niere“, erklärte Pak.
Bei der Aufarbeitung der urologischen Fälle werden die Patienten mit dem dringendsten Behandlungsbedarf nun zuerst operiert. Pak schätzte, dass das Operationspensum auf etwa 75 % des Pensums vor der COVID-19-Welle zurückgekehrt ist.
Die Patienten zögern jedoch, das medizinische Zentrum aufzusuchen. Daher werden Klinikaufenthalte und Operationen auf spätere Termine gelegt oder Termine im Satelliten-Krankenhaus vergeben. Verpflichtende Vorsichtsmaßnahmen umfassen die Kontrolle von Symptomen und der Temperatur, sowohl beir Ärzten als auch bei Patienten.
Televisiten machen nun mindestens 40 % des ambulanten urologischen Pensums aus, eine Tendenz „von der wir ausgehen, dass sie sich fortsetzt ... auch dann noch, wenn die Pandemie abgeklungen ist“, so Pak und seine Kollegen.
Der Artikel erschien ursprünglich auf Medscape.com.
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