Unkomplizierte und komplizierte Divertikulitis: Wie erkennen? Folge 2

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

Patienten mit einer akuten unkomplizierten Divertikulitis können ambulant behandelt werden. Das Problem ist, die unkomplizierte von der komplizierten akuten Divertikulitis zu unterscheiden. Worauf dabei zu achten ist, hat Privatdozent Dr. med. Stephan Böhm, leitender Arzt im Spital Bülach in der Schweiz, in einem aktuellen Zeitschriftenbeitrag erklärt.

CT der diagnostische Goldstandard

Prädiktoren für eine komplizierte Divertikulitis seien, so Böhm, einer systematischen Studien-Auswertung zufolge eine erste Episode, Komorbiditäten, Einnahme von NSAID bzw. Steroiden, hohes CRP und „schwere Erkrankung“ in der radiologischen Diagnostik. Die Autoren kämen zu dem Schluss, dass die Computertomographie (CT) der Goldstandard für die Diagnose einer komplizierten Erkrankung bleibe. 

Das wachsende Interesse an einer ambulanten Behandlung lasse verstärkt nach Möglichkeiten einer klinischen Differenzierung der unkomplizierten von der komplizierten Divertikelkrankheit suchen, erklärt der Gastroenterologe weiter. Da jedoch auch neuere Diagnose-Algorithmen nicht absolut sicher seien, bleibe aber eine bildgebende Diagnostik „Conditio sine qua non für eine ambulante Therapie“.

Die Autoren der deutschen Leitlinie empfehlen laut Böhm als bildgebende Verfahren Ultraschall oder CT. International werde die CT als Verfahren der ersten Wahl genannt und die Sonographie nur für den Fall als initiales Verfahren vorgeschlagen, dass ein Untersucher mit hoher Expertise zur Verfügung stehe. Andere Autoren favorisierten jedoch auch den Ultraschall als primäre Methode. Deutsche und US- amerikanische Autoren sehen, wie der Gastroenterologe weiter erklärt, „auch unter dem Gesichtspunkt der Einsparung von Röntgenstrahlen einen Stellenwert für die Magnetresonanztomographie“. Aufgrund der unterschiedlichen lokalen Voraussetzungen sei es möglicherweise sinnvoll, dass ein interdisziplinäres Team für jede Notaufnahme ein Protokoll erarbeite, das sich an den individuellen Ressourcen orientiere, rät Böhm. 

Wie effektiv und sicher ist die ambulante Therapie? 

Zur Effektivität und Sicherheit der ambulanten Behandlung gebe es zwei systematische Analysen von insgesamt 40 Studien mit fast 4100 Patienten. Allerdings liege nur eine einzige randomisierte, kontrollierte Studie vor. Und: In der meisten berücksichtigten Studien seien Patienten mit chronischen Erkrankungen oder Immunsuppression ausgeschlossen worden, betont der Gastroenterologe. 

In allen Studien sei der Entscheidung zur ambulanten Therapie ein bildgebendes Verfahren zugrunde gelegt worden, meist eine CT. Ambulant behandelt wurde laut Böhm überwiegend mit oral verabreichten Antibiotika und flüssiger Diät in den ersten Tagen sowie einem Follow-up nach 4 bis 7 Tagen, in einzelnen Studien auch täglich. Die Versagensrate habe bei rund vier Prozent gelegen, wobei Therapie-Versagen definiert worden sei als Vorstellung in der Notaufnahme innerhalb von 30 bzw. 60 Tagen.

Therapie sicher, Effekt aber schwer vorhersagbar

Einer Subgruppenanalyse zufolge hatte laut Böhm keiner der folgenden Faktoren einen Einfluss auf die Versagensrate: Anzahl der vorausgegangenen Divertikulitis-Episoden, Komorbiditäten inkl. Diabetes, perikolische Luft, intraabdomineller Abszess und Antibiotika-Therapie. 
Fazit des Gastroenterologen: Die ambulante Behandlung von sorgfältig ausgewählten und mittels eines radiologischen Verfahrens abgeklärten Patienten mit unkomplizierter Divertikulitis (CDD Typ 1) sei sicher und kostenssparend. Allerdings sei es bislang nicht gelungen, Risikofaktoren für das Versagen einer ambulanten Therapie zu definieren.

Möglich sei eine ambulante Therapie, wenn zum Beispiel folgende Faktoren vorlägen: 

  • auf ein Divertikel limitierte Entzündung (fokale Divertikulitis)
  • Verdickung der Kolonwand > 4 mm
  • Etwas freie peritoneale Luft und Flüssigkeit
  • Abszesse, zumindest soweit ≤ 2 cm
  • CRP < 150 mg/l 
  • Keine Komorbiditäten (etwa Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, COPD)
  • Keine Immunsuppression 
  • Orale Nahrungszufuhr möglich
  • Adäquates soziales Netzwerk vorhanden und adäquates, patientenadaptiertes Follow-up möglich
  • Ärztliche Anlaufstelle im Notfall vorhanden.

Nach Ausheilung einer konservativ behandelten Divertikulitis sollte in Abhängigkeit von klinisch-anamnestischen Faktoren die Indikation zur Koloskopie gestellt werden, erklärt Böhm weiter. In zwei systematischen Studien-Auswertungen sei die Rolle einer Routinekoloskopie nach radiologisch nachgewiesener akuter Divertikulitis  untersucht worden: Ergebnis: Bei Patienten mit akuter unkomplizierter Divertikulitis wurde in 0,7 und 1,3 Prozent der Fälle ein Kolonkarzinom diagnostiziert, bei Patienten mit komplizierter Divertikulitis betrugen die Raten 10,8 und 7,9 Prozent.