Umgang mit durch die Klimakrise verschlimmerten psychischen Erkrankungen in Europa
- Shrabasti Bhattacharya
- Medizinische Nachricht
Auch wenn die vollen Auswirkungen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit und das psychosoziale Wohlbefinden noch ausreichend untersucht und adressiert werden müssen, liegt genügend aktuelles Wissen vor, damit die Länder mit dem Ergreifen von Maßnahmen beginnen können. Die European Union Health Policy Platform der Europäischen Union veranstaltete ein Webinar zu folgendem Thema: „Auf dem Weg zu einem umfassenden Ansatz für die psychische Gesundheit – Stärkung der Verknüpfung zwischen psychischer Gesundheit und Umwelt“.
Diese Veranstaltung brachte Interessenvertreter aus verschiedenen Teilen Europas zusammen, um aktuelle Strategien zur Implementierung von Maßnahmen zur Unterstützung der psychischen Gesundheit und für psychosoziale Unterstützung (mental health and psychosocial support, MHPSS) im Rahmen der nationalen Richtlinien zu Gesundheit und Klimawandel zu diskutieren. Die Übermittlung von Informationen über die Bewältigung der klimabedingten Krise der psychischen Gesundheit an Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen (mental healthcare professionals, MHCPs) war ebenfalls ein zentrales Thema.
„Die Anpassung an den Klimawandel ist keine Option mehr“, sagte Peter Loffler, Referent im Referat für Anpassung an den Klimawandel, das zur Generaldirektion Klimaschutz der Europäischen Kommission gehört.
Klimawandel mit Folgen für die Psyche
Der Klimawandel tritt aufgrund nicht nachhaltiger menschlicher Aktivitäten und aufgrund von Naturkatastrophen auf und kann die sozialen und ökologischen Risikofaktoren für psychische Gesundheitsprobleme und psychosoziale Probleme verschärfen. Es ist beispielsweise bekannt, dass sich längere Perioden des Klimawandels negativ auf die landwirtschaftliche Produktion auswirken, wodurch Gemeinschaften in die Armut getrieben und zur Abwanderung gezwungen sowie Konflikte verschärft werden können, die allesamt eine entscheidende Rolle bei der Verschlechterung der psychischen Gesundheit spielen. Luftverschmutzung in Zeiten hoher Temperaturen kann Atemwegserkrankungen verursachen, wodurch die Arbeitsfähigkeit der Patienten beeinträchtigt wird.
Diese sich verschärfende Krise hat neue Begriffe wie Klimawandel-Angst, Solastalgie, Öko-Angst, ökologische Trauer und klimabedingte psychische Fehlbelastungen hervorgebracht. Ana Tijerino, Technical Officer, Mental Health Flagship, World Health Organization (WHO) Europe warnte jedoch vor einer übermäßigen Verwendung dieser Begriffe ohne entsprechende Forschung.
Die Belastung für die psychische Gesundheit durch klimabedingte Risiken ist außerdem unverhältnismäßig hoch, da Gemeinschaften aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, indigene Völker, Kinder und Jugendliche stärker durch den Klimawandel gefährdet sind. Im Jahr 2022 hat die WHO ein Kurzdossier veröffentlicht, in dem die Implementierung multisektoraler und gemeinschaftsbasierter Ansätze zur Verringerung der Anfälligkeit für und zur Bewältigung von psychischen und psychosozialen Auswirkungen des Klimawandels gefordert wird.
Klimabeständiges Gesundheitssystem notwendig
Es besteht zunehmend Bedarf, ein klimabeständiges Gesundheitssystem aufzubauen, das darauf abzielt, die menschliche Gesundheit zu schützen, sowohl die körperliche als auch die geistige. Ilonka Horváth, leitende Gesundheitsexpertin der Gesundheit Österreich GmbH, ist der Ansicht, dass MHCPs am besten in der Lage sind, mit durch die Klimaveränderung bedingten psychischen Risiken umzugehen, da sie routinemäßig Kontakt zu allen Arten von Patienten haben, einschließlich derjenigen, die anfälliger sind.
Angesichts des nahenden Sommers können MHCPs beispielsweise gemeinsam mit ihren Patienten einen Hitzeschutzplan erstellen, um psychische Probleme infolge von Dehydrierung zu behandeln oder vorzubeugen. „Sie können ihre Rolle als wichtige Multiplikatoren für transformative Maßnahmen auf Verhaltens- und Systemebene nutzen“, sagte sie.
Das ideale klimabeständige Gesundheitssystem kann aufgebaut werden, wenn MHCPs in gesundheitsbezogener Klimakompetenz geschult werden, alle verfügbaren Kenntnisse in die beruflichen Praxis implementiert werden und Praktiken und berufliche Erfahrungen in Netzwerken und Initiativen geteilt werden.
Praktische Beispiele
Schließlich präsentierte Marija Juzbasic, Leiterin der Gruppe Psychosocial Support and Protection of Vulnerable der Kroatischen Rotkreuzgesellschaft, einige praktische Beispiele dafür, wie Kroatien während des Erdbebens 2020 MHPSS bereitgestellt wurde. In den Evakuierungszentren wurde individuelle psychologische Erste Hilfe (PEH) geleistet, gleichzeitig mit sozialen Aktivitäten für Kinder, administrativer Unterstützung usw. Für abgelegene Gebiete wurden mobile Teams organisiert.
Etwa 50 % der für psychische Probleme anfälligen Bevölkerung waren ältere Erwachsene, und 50 % der Betroffenen benötigten nach dem ersten Besuch des mobilen MHPSS-Teams weitere PEH-Unterstützung. „Dies spricht dafür, wie wichtig MHPSS nach Notfällen und auch in der Folgezeit ist, denn die Programme, an denen wir in der Notsituation gearbeitet haben, sind immer noch aktuell und der Bedarf an MHPSS ist nach wie vor groß“, sagte sie.
Nach dem Abzug der Notfallteams kümmerten sich die örtlichen MHCPs, Krankenhäuser, MHPSS-Experten und Zentren für Sozialfürsorge weiterhin um das psychische Wohlergehen der betroffenen Personen.
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise