Ukraine: Schlechte Versorgung bei Diabetes wird zusätzlich zu direkten Kriegshandlungen Menschenleben kosten

  • Dr. Nicola Siegmund-Schultze
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Medikamententransporte und -lagerstätten sind unter Beschuss, Straßen zerstört, es fehlt an Fahrern für die Transporte: Der schlechte Zugang zu Blutzuckertests und Diabetesmedikamenten wird in der Ukraine zusätzlich zum unmittelbaren Kriegsgeschen schwere gesundheitliche Folgen für die Bevölkerung haben.

Hintergrund
Die Lebenserwartung in der Ukraine ist mit durchschnittlich 71,8 Jahren die niedrigste in Europa (europäischer Durchschnitt: 81,1 Jahre). Diese geringe durchschnittliche Lebenserwartung ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter anderem auf Defizite im Gesundheitssystem zurückzuführen, aber auch auf ungesunden Lebensstil (1, 2). So haben 11,5 % der Männer eine Alkoholkrankheit. 7,1 % der Gesamtbevölkerung sind Diabetespatienten, bei einem Anteil der > 65-Jährigen von lediglich 16 % unter den 44,62 Millionen Einwohnern.

Design

  • Berichte der WHO und von Organisationen für humanitäre Hilfe
  • Report der Humanitarian NCD Interagency Study in Emergencies and Disasters (UNITED), ein Konsortium von 4 Organisationen (Internationales Kommittee des Roten Kreuzes, International Rescue Committee, Ärzte ohne Grenzen und Hochkommissariat der Vereinten Nationen; [3])

Hauptergebnisse

  • Der Zugang zu Diabetesmedikamenten und Tests für die Glukosebestimmung ist bei provisorischen Unterbringungen in Kriegsgebieten eingeschränkt (3).
  • Lediglich in 66 % der provisorischen Unterbringungen gibt es Insulinpräparate, 71 % stellen Tests für die Blutkapillarzuckermessung zur Verfügung und 55 % für die Messung von Glukose im Urin.
  • Der HbA1c-Wert ist lediglich bei 18 % der Unterbringungen bestimmbar.
  • 58 % der Patienten mit Diabetes erhalten eine Medikation gegen die Stoffwechselerkrankung und 46 % erhalten Insulin.
  • An diabetischem Fußsyndrom leiden 23 %, 15 % an diabetischer Nephropathie, 17 % an diabetischer Neuropathie und 12 % an diabetischer Retinopathie.
  • Hersteller von Diabetesmedikamenten berichten, dass es derzeit sehr schwierig sei, die für die Ukraine vorgesehenen Diabetesmedikamente in die dortigen Apotheken zu liefern. Es gebe keine Fahrer, die Transporter gerieten unter Beschuss oder Straßen seien unpassierbar (1).

Klinische Bedeutung
Intrnationale Organisationen erwarten, dass die ungenügende Versorgung von Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes zusätzlich zu den Gesundheitsschäden durch Kampfhandlungen in der Ukraine mittel- und langfristig die Krankheitslast in der Bevölkerung deutlich erhöhen wird: durch Todesfälle wegen mangelnder Zuckertests oder Medikamenten, aber auch durch vermeidbare Extremitätenamputationen.

Finanzierung: öffentliche Mittel