Ukraine: Russische Invasion behindert WHO-Impfkampagne gegen Polio

  • Andrea Hertlein
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

In der Westukraine war es im Oktober und Dezember 2021 zu einem Ausbruch von zirkulierenden Impfvirus-abgeleiteten Polioviren (circulating Vaccine Derived Poliovirus, cVDPV) gekommen. Als Reaktion darauf sollten im Februar 2022 im Rahmen einer Impfaktion 140.000 bisher ungeimpfte Kinder eine Impfdosis erhalten. Diese wurde jedoch aufgrund der militärischen Invasion russischer Truppen in die Ukraine unterbrochen, genauso wie die Überwachung zur Erkennung und Meldung neuer Poliofälle. Das Risiko einer unentdeckten Krankheitsausbreitung ist daher derzeit sehr hoch.

Abgeschwächte Viren in der Schluckimpfung breiten sich unter Ungeimpften aus

Fälle von cVDPV treten in Gebieten mit unzureichenden Impfquoten auf. Die abgeschwächten Viren in der Schluckimpfung können lange Zeit unerkannt unter ungeimpften Menschen zirkulieren, sich dabei verändern und schließlich wieder zu Erkrankungen führen, heißt es im aktuellen Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts (RKI). An die WHO wurde mit 1.113 Fällen im Jahr 2020 die bisher höchste Anzahl an cVDPV-Fällen übermittelt. Im letzten Jahr wurden noch 659 Fälle gemeldet.

"Wir hatten gehofft, den Ausbruch unter Kontrolle zu bringen", sagte Dr. Gabriele Fontana, regionaler Gesundheitsberater bei UNICEF gegenüber dem Time-Magazin. "Ich glaube, wir haben etwa 40.000 der erhofften Kinder erreicht, aber es bleiben 100.000, die wir nicht erreicht haben."

Westukraine: Polio-Impfquote unter 50 Prozent

Nachdem die Polioimpfquote in der Ukraine im Jahr 2014 in einigen Orten auf unter 50 Prozent abgefallen war, steigerte sich die landesweite Durchimpfungsrate laut WHO/UNICEF über die letzten Jahre wieder und erreichte 2020 bei den unter einjährigen Kindern etwa 84 Prozent. In einigen Regionen des Landes, insbesondere in der Westukraine liegt sie jedoch weiterhin unter 50 Prozent.

Da schätzungsweise 1,3 Millionen Menschen der ukrainischen Bevölkerung aufgrund des Krieges über die Grenze in die Nachbarländer Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien und die Republik Moldau geflohen sind, konzentriert sich die WHO-Unterstützung derzeit auf eine verstärkte Überwachung der Poliofreiheit und die Registrierung und Impfung von Kindern auf der Flucht. Auch den in Deutschland ankommenden ukrainischen Kindern sollte eine Impfung mit einem inaktivierten Polioimpfstoff (IPV) angeboten werden, fordert das RKI.