Tuberkulose in Deutschland: Fallzahlen weiterhin rückläufig
- Andrea Hertlein
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Die Zahl der Tuberkulose-Fälle in Deutschland ist weiterhin rückläufig, wie das Robert Koch-Institut (RKI) im aktuellen Tuberkulose-Bericht aufzeigt. Danach wurden für das Jahr 2021 insgesamt 3.896 Tuberkulose-Fälle registriert, was einer Inzidenz von 4,7 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner entspricht. Damit sank die Zahl der registrierten Fälle gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozent.
Das sind die bislang niedrigsten Zahlen seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), heißt es im RKI-Bericht. Vor dem Hintergrund der EndTB-Strategie der WHO, die für Niedriginzidenzländer wie Deutschland bis zum Jahr 2035 eine Senkung der Inzidenz auf weniger als einen Fall pro 100.000 Einwohner vorsieht, wäre es allerdings notwendig, eine jährliche Abnahme der Inzidenz von mindestens 10 Prozent zu erreichen, so die RKI-Wissenschaftler.
Rückgang 2021 nur halb so hoch
Wie aus den Zahlen hervorgeht, hat das RKI nach einem deutlichen Anstieg auf fast 6.000 Fälle in den Jahren 2015 und 2016 in den Jahren 2017 und 2018 mit rund 5.500 Fällen wieder geringere Fallzahlen registriert. In den nachfolgenden Jahren 2019 (4.811 Fälle) und 2020 (4.159 Fälle) war dann ein weiterer deutlicher Rückgang von jeweils mehr als 12 Prozent zu beobachten, schreibt das RKI. Auch 2021 ergibt sich ein Rückgang, der aber mit etwa 6 Prozent nur halb so hoch ausfällt als in den vergangenen beiden Jahren.
Es bleibe abzuwarten, wie sich die Situation weiter entwickeln wird, räumen die Autoren ein. Denn die derzeitige epidemiologische Lage sei vielseitig und würde vor allem durch die globale Mobilität sowie demografische Entwicklungen beeinflusst.
So zeigte die Analyse der demografischen Daten, dass Männer häufiger an einer Tuberkulose erkranken als Frauen. Die Inzidenz bei männlichen Personen war mit 6,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner fast doppelt so hoch wie bei weiblichen Personen (Inzidenz 3,3). Die höchsten Fallzahlen wurden bei jungen Erwachsenen in der Altersgruppe der 20- bis 24--Jährigen (10,1) und der 25- bis 29-Jährigen (10,3) registriert.
Dabei traten drei Viertel der Tuberkulosen (74 Prozent) bei Personen auf, die nicht in Deutschland geboren worden waren. Zu den am häufigsten genannten Geburtsländer zählten Rumänien, Indien, Somalia und Eritrea.
Tuberkulose im Kindesalter
Dem Bericht zufolge erkrankten 153 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren, entsprechend einer Inzidenz von 1,3 pro 100.000 Kinder und einem Anteil an allen Erkrankungen von 3,9 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr (168 Fälle; Inzidenz 1,5) sind die Tuberkulosezahlen insbesondere bei Kindern unter fünf Jahren erneut leicht gesunken. Kinder mit ausländischer Staatsangehörigkeit erkrankten allerdings im Vergleich zu deutschen Kindern etwa 11-mal so häufig an einer Tuberkulose.
Kinder sind eine besonders vulnerable Gruppe und entwickeln häufiger ein schweres Krankheitsbild, betonen die RKI-Wissenschaftler. Trotz erneut rückläufiger und insgesamt kleiner Fallzahlen sollte der Kindertuberkulose – auch als Indikator für aktuelle Transmissionsgeschehen – weiterhin eine erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Lungentuberkulose am häufigsten
Laut Analyse war in den meisten Fällen (71,4 Prozent) die Lunge betroffen, wobei die offene und infektiöse Form (n=2.325) deutlich häufiger auftrat als die geschlossene Form (n=435). Der häufigste extrapulmonale Manifestationsort waren die Lymphknoten.
Der Anteil der durch multiresistente Bakterienstämme hervorgerufenen Infektionen lag im Jahr 2021 bei 2,8 Prozent und war damit vergleichbar hoch wie 2020, wenngleich die absoluten Zahlen gesunken sind, so der RKI-Bericht. An der Tuberkulose verstarben 112 Personen. Das entspricht einer die Mortalität von 0,13 Todesfälle pro 100.000 Einwohner.
Inwiefern der deutliche Rückgang in den vergangenen Jahren dabei auch durch die COVID-19-Pandemie beeinflusst wurde, lässt sich anhand der Meldedaten allerdings nur schwer einschätzen, so das RKI. Eine frühzeitige Diagnose, eine adäquate Therapie sowie die konsequente Umsetzung der geltenden Empfehlungen zur Umgebungsuntersuchung und zur Prävention der Tuberkulose seien jedoch nach wie vor von entscheidender Bedeutung für die Tuberkulosekontrolle. Das gelte aktuell gerade auch mit Blick auf Flüchtlinge aus der Ukraine.
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