Transkranielle Gleichstromstimulation bei Depression ohne zusätzliche Wirkung gegenüber SSRI
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Der Versuch, die klinische Wirksamkeit einer transkraniellen Gleichstromstimulation (tDCS) als zusätzliche Behandlung bei Patienten mit einer Major Depression zu beweisen, die bereits einen Serotonin-Wiederaufnahmehemmer erhalten, ist gescheitert. Nach 6 Wochen verbesserten sich sowohl tDCS- als auch scheinstimulierte Patienten um 8 Punkte auf der Montgomery-Åsberg Depressionsskala, wobei die tatsächlich stimulierten Patienten deutlich häufiger milde Nebenwirkungen verspürten.
Hintergrund
Da etwa 30 % aller Patienten mit einer schweren Depression (Major depressive disorder) auch auf die 2. Therapielinie nicht ansprechen, besteht weiterhin ein großer Bedarf an neuen, skalierbaren Behandlungen. Nach Erfolgen mit einer transkraniellen Magnetstimulation hat man neuerdings auch die Gleichstromstimulation (tDCS) erprobt, die weniger kostet und potenziell leichter anzuwenden ist. Die Ergebnisse bei alleiniger Anwendung waren aber uneinheitlich, und zuletzt hatte lediglich im Jahr 2015 die Studie „Sertraline versus Electrical Current Therapy for Treating Depression Clinical Study“ (SELECT TDCS) ergeben, dass die Kombination mit einem serotonergen Arzneimittel erfolgreich sein könnte.
Design
Im Ramen der dreifach verblindeten, randomisierten und mittels einer Scheinbehandlung kontrollierten Studie „DepresssionDC“ waren an 8 deutschen Kliniken 150 Patienten zwischen 18 und 65 Jahren (59 % Frauen) mit einer Major Depression eingeschlossen worden. Einschlusskriterien waren ein Wert von mindestens 15 auf der Hamilton Depressions-Skala, kein Ansprechen auf mindestens ein Antidepressivum in der aktuellen Episode, und eine mindestens 4-wöchige Behandlung mit einer stabilen Dosis eines Serotonin-Wiederaufnahmehemmers (SSRI), der im Studienverlauf weiterhin gegeben wurde. Die Behandlung mit transkraniellem Gleichstrom bzw. Scheinstimulation erfolgte 4 Wochen lang werktäglich jeweils für 30 Minuten mit 2 mA bifrontal, danach weitere 2 Wochen mit jeweils 2 Sitzungen. Primäres Studienziel war die Veränderung in Woche 6 auf der Montgomery-Åsberg Depressionsskala (MADRS).
Ergebnisse
- Zwischen den beiden Gruppen gab es nach 6 Wochen keinen Unterschied bei der Verbesserung des MADRS. Sie betrug mit Stimulation 8,2 Punkte, und mit Scheinstimulation 8,0 Punkte. Die Differenz von 0,3 Punkten hatte ein 95%-Konfidenzintervall von – 2,4 bis 2,9.
- Eine oder mehr milde Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und Schlafstörungen verzeichneten 60 % der Personen mit tDCS gegenüber 43 % nach Scheinstimulation.
Klinische Bedeutung
„Diese Studie spricht nicht für die Wirksamkeit einer tDCS als zusätzliche Behandlung mit SSRI bei Erwachsenen mit einer Major Depression“, folgern die Autoren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne sie nicht empfohlen werden. Überdies warnen die Forscher, sich zu sehr auf die Evidenz aus Meta-Studien zu verlassen, weil diese häufig die große Heterogenität zwischen den Studien nicht berücksichtige.
Finanzierung: Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise