Tourette-Syndrom und Tic-Störungen mit häufigeren Gewalterfahrungen assoziiert

  • Michael Simm
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

Menschen mit Tourette-Syndrom und Tic-Störungen sind sowohl als Opfer als auch als Täter häufiger an gewaltsamen Übergriffen beteiligt als nicht Betroffene in der Allgemeinbevölkerung oder die eigenen Geschwister.

Hintergrund

Patienten mit Zwangsstörungen sind häufig Opfer von Stigmatisierung und anderen sozialen Benachteiligungen. Über die Erfahrungen mit gewalttätigen Angriffen und Kriminalität in dieser Gruppe ist jedoch wenig bekannt, schreiben die Autoren der aktuellen Arbeit.

Design

Kohortenstudie mit allen, fast 14 Millionen Individuen, die zwischen 1973 und 2013 in Schweden gelebt haben und in nationalen Gesundheits-, Bevölkerungs-, und Strafregistern erfasst waren. Mittels Cox´schen Regressionsmodellen wurde das Risiko für gewaltsame Angriffe und strafrechtliche Verurteilungen bei Personen mit Tourette-Syndrom (TS) und chronischen Tic-Störungen (CTD) abgeschätzt. Als Vergleichsgruppen dienten die Allgemeinbevölkerung und nicht betroffene Geschwister der Patienten.

Ergebnisse

  • In der Gesamtpopulation befanden sich 7791 Individuen mit TS oder CTD. Sie erhielten ihre erste Diagnose im Alter von median 13,4 Jahren und waren zu 76 % männlich.
  • Gegenüber der nicht betroffenen Gesamtbevölkerung war das Risiko (adjustiertes Chancenverhältnis aHR; 95%-Konfidenzintervalle) für:
    • Erlebnis eines gewalttätigen, auch sexuellen Angriffs: 2,21; 2,00 – 2,43
    • strafrechtliche Verurteilungen: 3,13; 1,54 – 1,71
    • nicht-gewalttätige strafrechtliche Verurteilungen: 1,62; 1,54 – 1,71
  • Unter den Personen mit TS oder CTD, die gewalttätige Übergriffe erlebt hatten, waren 37 % wegen einer Gewalttat verurteilt worden (95%-KI 17,6 – 18,1); das war annähernd doppelt so häufig wie in der Allgemeinbevölkerung (17,9 %; 17,6 – 18,1).
  • Die Assoziationen wurden teilweise schwächer, wenn Individuen mit einer zusätzlichen Diagnose von ADHS oder Substanzmissbrauch nicht berücksichtigt wurden.
  • Auch beim Vergleich mit den Geschwistern waren die Assoziationen (aHR) weniger stark ausgeprägt, aber signifikant:
    • Erlebnis eines gewalttätigen, auch sexuellen Angriffs: 1,32; 1,08 – 1,61
    • strafrechtliche Verurteilungen: 2,23; 1,86 – 2,67
    • nicht-gewalttätige strafrechtliche Verurteilungen: 1,34; 1,20 – 1,50

Klinische Bedeutung

Die meisten Individuen mit TS oder CTD fallen weder als Opfer noch als Täter auf, betonen die Autoren. Die Wahrscheinlichkeit für diejenigen, die in spezialisierten Einrichtungen diagnostiziert werden, war aber höher als in der Allgemeinbevölkerung, und am höchsten unter Patienten mit ADHS und Substanzmissbrauch.

Finanzierung: Akademie von Finnland.