Therapie von Tourette-Patienten übers Internet erweist sich als praktikabel
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Eine von Therapeuten unterstützte „Exposure and Response Prevention“-Therapie (ERP) des Tourette-Syndroms über das Internet war bezüglich der Linderung der Tics einer strukturierten Edukation nur mäßig überlegen. Der Anteil der Responder war jedoch nach 10 Wochen ERP mit 47,2 % deutlich höher als in der Kontrollgruppe (28,7 %).
Hintergrund
Der Zugang zu psychotherapeutischen Behandlungen ist begrenzt, die Wartezeiten oft lang. Internet-basierte bzw. -gestützte Therapien könnten die Situation entlasten. Ob sie für Patienten mit Tourette-Syndrom und chronischen Tic-Störungen geeignet sind, wurde bisher kaum überprüft.
Design
Randomisierte klinische Studie mit einfacher Verblindung im Parallelgruppen-Design mit 221 Patienten an einer Forschungsklinik in Stockholm. Die Teilnehmer im Alter zwischen 9 und 17 Jahren (Durchschnitt 12,1 Jahre, 68,8 % männlich) litten zu etwa 90 % am Tourette-Syndrom, der Rest an chronischen Tic-Störungen überwiegend motorischer Art. Randomisiert wurde auf eine internet-basierte, spezifische Verhaltenstherapie (Exposure and Response Prevention, ERP), sowie auf edukative Maßnahmen über Tics, die ebenfalls über das Internet durch einen Therapeuten erfolgten, und jeweils 10 Wochen dauerten.
Gemessen wurde die Veränderung ab Studienbeginn über 3 Monate beim Schweregrad der Tics (Total Tic Severity Score of the Yale Global Tic Severity Scale, YGTSS-TTSS) sowie Verbesserungen beim klinischen Gesamteindruck (1 = sehr stark verbessert, 2 = stark verbessert).
Ergebnisse
- Die Schwere der Tics besserte sich in beiden Gruppen signifikant und ähnlich stark:
- ERP: 22,25 auf 16,17 (Differenz 6,08 Punkte)
- Edukation: 23,01 auf 17,72 (Differenz 5,29)
- Der Anteil der Responder betrug unter ERP 47,2 %, mit der Edukation 28,7 %. Das entspricht einem Chancenverhältnis OR von 2,22 (95%-Konfidenzintervall 1,27 – 3,90).
- Die zusätzlichen Kosten durch ERP werden von den Forschern als „gering“ eingestuft. In absoluten Zahlen waren es für die Intervention durch den Therapeuten $ 117,38 gegenüber 102,23; außerdem seien für das Gesundheitswesen zusätzlich $ 91,30 und „aus sozialer Perspektive“ $ 26,56 angefallen.
- Eine Kosten-Nutzen-Analyse unter den Voraussetzungen des schwedischen Gesundheitswesens ergab Werte für ein Qualitäts-adjustiertes Lebensjahr (QALY) zwischen $ 5496 und $ 33138.
Klinische Bedeutung
Das Internet scheint als Plattform für die Therapie von Patienten mit Tourette-Syndrom geeignet. Verbesserungen bei der Stärke der Tics zeigten sich dabei sowohl mit einer spezifischen Verhaltenstherapie (ERP), als auch mit edukativen Maßnahmen, wobei mit der ERP höhere Ansprechraten erzielt wurden.
Finanzierung: Keine Angaben.
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