Subjektive Gedächtnisbeschwerden durch Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion unbeeinflusst

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

In einer Studie mit durchschnittlich 71,5 Jahre alten, gesunden Senioren, die subjektive Bedenken wegen ihrer Kognition hatten, zeigte sich unter einer Stunde Achtsamkeitsbasierter Stressreduktion (MBSR) pro Tag kein Effekt im Vergleich zu Studienteilnehmern, die diese Intervention nicht erhalten hatten. Auch körperliches Training und die Kombination aus Leibesübungen und MBSR waren nach 6 und nach 18 Monaten nicht besser als keine Intervention.

Hintergrund

Einer von vielen Ansätzen, von denen man sich eine Festigung der kognitiven Leistung bei älteren Personen erhofft, ist die Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (Mindfulness-Based Stress Reduction – MBSR). Dabei handelt es sich um Praktiken, die von Yoga-Übungen und buddhistischer Meditation abgeleitet wurden.

Design

Randomisierte klinische Studie mit 585 Personen (72,5 % weiblich) zwischen 65 und 84 Jahren an 2 US-Universitäten. Die Probanden hatten keine Demenz, sondern waren aufgrund subjektiver Bedenken bezüglich ihrer Kognition in die Studie eingeschlossen worden („Haben Sie oder andere Schwierigkeiten mit dem Gedächtnis oder der Konzentration bemerkt?“). Es gab 4 verschiedene Interventionen: MBSR mit einer Zieldauer von 60 Minuten täglich, körperliche Übungen an mindestens 300 Minuten / Woche, eine Kombination aus MBSR und körperlichen Übungen, sowie einer Kontrollgruppe, die sich ebenso oft traf wie die MBSR-Gruppe und dabei Hinweise zu einer gesunden Lebensführung bei chronischen Erkrankungen bekam. Getestet wurden das episodische Gedächtnis und Exekutivfunktionen nach 6 (primärer Endpunkt) und 18 Monaten; außerdem wurde eine MRT-Bildgebung des Hippocampus und des dorsolateralen präfrontalen Cortex durchgeführt.

Ergebnisse

  • In allen Interventionsgruppen verbesserten sich die Komposit-Werte für Gedächtnis und Exekutivfunktionen. Allerdings gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Vergleichswerte und durchschnittlichen Differenzen mit 95%-Konfidenzintervallen betrugen fürs episodische Gedächtnis:
    • MBSR gegen kein MBSR: 0,44 versus 0,48; - 0,04 (- 0,15 bis 0,07); P = 0,50
    • körperliche Übungen gegen keine Übungen: 0,49 vs. 0,42; 0,07 (- 0,04 bis 0,17); P = 0,23
  • Die Vergleiche für die Exekutivfunktionen:
    • MBSR gegen kein MBSR: 0,39 vs. 0,31; 0,08 (- 0,02 bis 0,19); P = 0,12
    • körperliche Übungen vs. keine Übungen: 0,39 vs. 0,32; 0,07 (- 0,03 bis 0,18); P = 0,17
  • Nach 18 Monaten zeigte keine der Interventionen einen Effekt auf Gedächtnis- und Exekutivfunktionen. Auch bei den anderen 5 sekundären Endpunkten, einschließlich der Hirnbildgebung, gab es keine signifikanten Verbesserungen beim Vergleich der Interventionen gegenüber keiner Intervention.

Klinische Bedeutung

Achtsamkeitsbasiertes Training zur Stressreduktion ist zwar populär, scheint aber bei älteren Menschen mit subjektiven Gedächtnisproblemen keinen Nutzen zu haben. Dies galt in dieser Studie allerdings auch für körperliches Training und die Kombination aus beiden Interventionen. In einer begleitenden Pressemitteilung verwies Erstautor Eric J. Lenze (Washington University) darauf, dass es sich um gesunde Probanden gehandelt hatte. „Wir sagen nicht: Treiben Sie keinen Sport und keine MBSR“.  In der nächsten Phase wolle man die Studienteilnehmer 5 weitere Jahre lang verfolgen und prüfen, ob das Training womöglich den Rückgang der Kognition verlangsamen kann.

Finanzierung: National Institute on Aging, McKnight Brain Research Foundation.