Study & Opinion: Meningokokken-Vakzine schützt auch vor Gonorrhoe, zumindest moderat

  • Dr. Nicola Siegmund-Schultze
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Zum Schutz von Menschen mit einem hohen Risiko für sexuell übertragbare Erkrankungen könnte ein gegen N. meningitidis zugelassener Impfstoff auch eine Option zum Schutz vor Gonorrhoe sein, zumindest solange es keine spezifische Vakzine gegen N. gonorrhoeae gibt. Der gegen Meningokokokken Serogruppe B gerichtete Impfstoff 4CMenB schützt vor Gonorrhoe, zumindest moderat.

Hintergrund
Gonokokken-Infektionen gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen (STI) weltweit. In den USA und in Europa sind die Inzidenzen in den vergangenen 10 Jahren stark gestiegen, auch in Deutschland. Zwar sind Gonokokkeninfektionen nicht bundesweit meldepflichtig, aber beispielsweise im Bundesland Sachsen. Zwischen 2001 und 2015 sind dort die Fälle von 1,8/100.000 Einwohner auf 20,4 Fälle/100.000 Einwohner angestiegen, also um mehr als das Zehnfache. Betroffen sind vor allem junge Menschen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren, vor allem Männer, die Sex mit Männern haben (MSM).

Noch existiert keine Impfung gegen N. gonorrhoeae. Frühere Fall-Kontrollstudien ergaben aber eine Assoziation zwischen einer Meningokokkenimpfung und einem verminderten Risiko für Gonokokkeninfektionen. Eine große Beobachtungsstudie aus den USA hat untersucht, ob der Impfstoff 4CMenB gegen Meningokokken der Serogruppe B, in Deutschland seit Ende 2013 als Bexsero® erhältlich, auch gegen Gonokokken schützt (1). Zwischen N. meningitidis und N. gonorrhoeae gibt es eine genetische Homologie von 80-90 %, einige Äußere-Membran-Proteine sind identisch.

Design

  • Beobachtungsstudie auf Basis der elektronischen Krankenakten von 16–23 Jahre alten Personen in New York City und in Philadelphia unter Federführung der Centers for Disease Control and Prevention
  • Analyse auf das Kriterium laborgesicherter Infektionen mit N. gonorrhoea oder Chlamydien
  • Abgleich der positiven Fälle mit regionalen Impfregistern, um den Impfstatus gegen Meningokokken festzustellen (4CMenB)

Hauptergebnisse

  • Es gab 167.706 Infektionen mit Gonokokken oder Chlamydien: 18.099 Gonorrhoen, 124.876 Chlamydieninfektionen und 24.731 Koinfektionen.
  • 7.692 Personen waren mit 4CMenB geimpft, davon 4.032 (52 %) mit einer Dosis und 3.596 (47 %) mit zwei Dosen.
  • Die komplette Impfung, also zwei Dosen 4CMenB, schützte zu 40 % vor Gonokokken-Infektionen und eine Dosis zu 26 %.
  • Die Unterschiede waren mit p-Werten von < 0,002 statistisch hoch signifikant.
  • Für den Impfstoff 4CMenB wird damit eine Kreuzreaktivität zu N. gonorrhoeae festgestellt, der Schutzeffekt vor Gonorrhoe sei mit 40 % moderat.

Klinische Bedeutung

Vor allem Personen mit einem hohen Risiko für sexuell übertragbare Erkrankungen wie MSM könnte die Meningokokken-Vakzine 4CMenB auch zum Schutz vor Gonorrhoe angeboten werden, heißt es in einem Kommentar - zumindest, solange es keine spezifischen Gonokokken-Vakzine gebe (2).

Patienten mit einer Infektion durch Gonokokken sind mit Antibiotika therapierbar. Die duale Behandlung mit Ceftriaxon 1-2g i.v. oder i.m. plus Azithromycin 1,5 g p.o., jeweils als Einmaldosis, hat zwar eine gute therapeutische Wirksamkeit, auch gegenüber C. trachomatis- und vielen M. genitalium-Infektionen (3). Allerdings nimmt der Anteil der resistenten und vor allem auch der multiresistenten Stämme stetig zu. Auch deshalb, so heißt es im Kommentar, sei die Impfung eine Möglichkeit. 

Finanzierung: öffentliche Mittel