Study & Opinion: Frühdiagnose der Zirrhose mit einfachen Mitteln möglich
- Dr. Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Die Zahl der Hospitalisierungen mit Leberzirrhose hat sich zwischen 2005 und 2018 in Deutschland erhöht. Zugleich ist die Krankenhausmortalität bei Leberzirrhose mit 10 % die höchste Rate stationärer Sterblichkeit unter allen chronischen Krankheiten (1). Tests auf die Leberfunktionsparameter Aspartat- und Alanin-Aminotransferase (AST, ALT) geben Hinweise darauf, ob eine Leberzirrhose vorliegen könnte und eine Abklärung über einen Facharzt sinnvoll ist. Die Integration dieser beiden Laborparameter in den regulären Gesundheits-Check-up ab 35 Jahren erhöht die Chance, eine „stumme“ Zirrhose zu erkennen, um 60 % (2).
Hintergrund
Die Zirrhose, bei der funktionsfähiges Lebergewebe untergeht und vernarbt, ist das gemeinsame Endstadium der meisten chronischen Lebererkrankungen und die vierthäufigste Todesursache in Mitteleuropa. Zum epidemiologischen Profil der Zirrhose in Deutschland war bislang wenig bekannt. Diese Fragestellung hat ein Forscherteam unter Federführung der Universität Frankfurt bearbeitet (1).
Dass eine asymptomatische Leberzirrhose grundsätzlich reversibel ist, belegt die erfolgreiche Therapie Hepatitis-induzierter Zirrhosen. Ziel der Früherkennung einer kompensierten Zirrhose ist, die Weiterentwicklung in eine dekompensierte Zirrhose zu verhindern. Eine Arbeitsgruppe an der Universitätsmedizin Mainz hat ein einfaches und kosteneffektives Vorgehen zur Prävention im Rahmen des Gesundheits-Check-ups 35 validiert (2).
Design
- epidemiologische Untersuchung auf Basis der Datensätze des Statistischen Bundesamtes, die circa 250 Millionen stationärer Aufnahmen jeglicher Ursache in Deutschland aus den Jahren 2005 bis 2018 dokumentieren (1)
- Validierung eines strukturierten Screeningprogramms zur asymptomatischen Leberzirrhose (SEAL) über eine prospektive Kohortenstudie an 201 allgemeinmedizinischen Praxen in 2 Bundesländern (Rheinland-Pfalz und Saarland; [2])
- Teilnehmer des SEAL-Programms:
- 11.859 Patienten, bei denen der reguläre Gesundheits-Check-up 35 um Tests auf ALT und auf Aspartat-Aminotranferase (AST) ergänzt wurde; waren die Laborwerte erhöht, wurde der „AST to Platelet Ratio Index“ (APRI) ermittelt, der Quotient aus AST und Thrombozyten; bei APRI-Werten > 0,5 wurde an einen Facharzt der Gastroenterologie zur Abklärung überwiesen
- Teilnehmer der Kontrollgruppe: 349.570 Patienten des Gesundheits-Check-ups 35 ohne SEAL
Hauptergebnisse
- 0,94 % der Hospitalisierungen zwischen 2005 und 2018 in Deutschland erfolgen mit der Diagnose Leberzirrhose, in der Mehrzahl Begleit-, nicht Haupterkrankung.
- Die Einweisungen mit Leberzirrhose nahmen im Beobachtungszeitraum von 151.108 auf 181.688 zu.
- Die Krankenhausmortalität an Leberzirrhose sank im Beobachtungszeitraum von 11,57 % im Jahr 2005 auf 9,49 % im Jahr 2018. Sie lag damit aber deutlich über den Sterblichkeitsraten anderer chronischer Krankheiten wie Herzinsuffizienz (8,4 %), Nierenversagen (6,4 %) und COPD (5,2 %; [1]).
- Die Integration der Tests auf AST und ALT in die Laborwertbestimmungen des Gesundheits-Check-ups 35 und das nachfolgende Vorgehen bei einem APRI-Index > 0,5 erhöhte die Wahrscheinlichkeit, eine asymptomatische Zirrhose zu erkennen, um 60 % (2).
- Die Inzidenzrate einer fortgeschrittenen Fibrose oder Zirrhose lag in der SEAL-Kohorte bei 3,83 % und in der Kontrollgruppe bei 3,36 %.
- Für die kompensierte Zirrhose betrugen die entsprechenden Werte 3,51 % (SEAL-Kohorte) und 2,21 % (Kontrollkohorte).
Klinische Bedeutung
Die aktuelle epidemiologische Studie ergibt bundesweit einen Trend nach oben bei Krankenhauseinweisungen mit der Diagnose Leberzirrhose. Circa zwei Drittel dieser Patienten sind Männer. Sie sterben häufig im 6. Lebensjahrzehnt oder früher. Daraus ergibt sich eine große Zahl verlorener gesunder Lebensjahre für das Individuum und eine hohe sozioökonomische Belastung. Denn Männer diesen Alters machen noch immer den Großteil aller Berufstätigen aus. Die Früherkennung einer asymptomatischen Zirrhose ist im Rahmen des bereits bestehenden Gesundheits-Check-ups möglich und kosteneffektiv. Der Gemeinsame Bundesausschuss begutachtet aktuell die entsprechenden Studienergebnisse (3).
Finanzierung: öffentliche Mittel
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