Study & Opinion: Bei schwerer Pneumonie ermöglicht PCR-Test eine schnelle erregerspezifische Antibiose
- Dr. Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Bei schwerer Lungenentzündung, die eine stationäre Behandlung erfordert, verkürzt eine neu entwickelte Multiplex-PCR-Analyse die Dauer einer unspezifischen Breitbandantibiotikagabe erheblich. Schon 4-5 Stunden nach einer bronchoalveolären Lavage lässt sich mit der PCR-Analyse erkennen, ob die Pneumonie bakteriell verursacht ist oder nicht. Bei bakterieller Pneumonie ist dann zeitnah die optimale Antibiose möglich.
Hintergrund
Infekte der Luftwege sind so häufig, dass sie fast 75 % des Antibiotikaverbrauchs weltweit verursachen. Schwere Pneumonien können bei Patienten mit Immunsuppression oder nach stationärer Behandlung lebensbedrohlich sein. Daher wird bei Verdacht auf bakterielle Pneumonie im Allgemeinen mit einer empirischen Breitspektrumantibiose begonnen, um die Patienten zu stabilisieren und nach Abschluss der bakteriellen Diagnostik die Behandlung gegebenenfalls anzupassen. Basis der mikrobiologischen Standarduntersuchung ist die Anzucht der Erreger aus bronchoskopisch gewonnenem Patientenmaterial. Die konventionelle Diagnostik dauert 48-72 Stunden. Ein deutsch-schweizerisches Forscherteam hat das Potenzial einer PCR-basierten Erregerdiagnostik untersucht (1).
Design
- Forscherinitiierte, randomisierte, kontrollierte Studie an zwei Zentren der Tertiärversorgung in der Schweiz
- 740 erwachsene Patienten mit stationär zu behandelnder, schwerer Pneumonie und Verdacht auf bakterielle Ursache
- Bei allen Patientinnen und Patienten erfolgte eine bronchoalveoläre Lavage, und sie erhielten eine empirische Antibiotikatherapie.
- Das bronchoskopisch gewonnene Probenmaterial aller Teilnehmer wurde mit der mikrobiologischen Standardmethode auf Bakterien untersucht.
- Bei der Hälfte der Patienten (Randomisierung 1 : 1) erfolgte zusätzlich eine PCR-Analyse auf bakterielle Nukleinsäure (S. aureus, S. pneumoniae, Gram-negative Bakterien wie Legionella pneumoniae, Mykoplasmen und Chlamydophia pneumoniae sowie eine Pilzspezies).
- In der Gruppe mit PCR-Analyse wurde maximal 5 Stunden nach Probenentnahme die Antibiotikatherapie gegebenfalls erregerspezifisch angepasst.
Hauptergebnisse
- 208 Patienten mit einem durchschnittlichen Alter von 65,9 Jahren wurden randomisiert.
- In der Gruppe mit PCR-basierter Erregerdiagnostik war die Dauer der unspezifischen Antibiotikatherapie um durchschnittlich 38,6 Stunden kürzer als in der Gruppe mit Standarddiagnostik (47,1 Stunden vs. 85,7 Stunden; p < 0,0001).
- Dies bedeutete eine Verkürzung der unspezifischen Antibiose durch die neu entwickelte Multiplex-PCR-Analyse um durchschnittlich 45 Prozent.
- Acht Patienten (8 %) der PCR-Gruppe starben an Pneumonie und elf (10 %) in der Kontrollgruppe
Klinische Bedeutung
Die Daten der randomisierten, kontrollierten Studie belegen nach Meinung der Kommentatoren (Northwestern University Feinberg School of Medicine, Chicago) die Sicherheit und einen potenziellen klinischen Nutzen (2). Für die Patienten bestehe das größte Risiko einer unangemessenen Breitbandantibiose in einer Superinfektion mit multiresistenten Erregern.
Für die praktische Anwendung aber gebe es noch die ein oder andere offene Frage: Sollte ein positiver PCR-Test bei negativer Bakterienkultur zur sekundären Anpassung der Therapie führen?
Die Autoren selbst sehen einen klaren Vorteil in der PCR-Diagnostik: Der schnellere Wechsel auf eine zielgerichtete Antibiotikagabe verhindere eine Über- oder Untertherapie und minimiere Resistenzen. Gleichzeitig würden unerwünschte Wirkungen wie die Dezimierung des gesunden Mikrobioms durch Breitbandantibiotika vermieden.
Finanzierung: öffentliche Mittel
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