Studie: Überversorgung mit Magensäureblockern abbauen

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Protonenpumpeninhibitoren (PPI) – so genannte Säureblocker – gehören zu den am häufigsten verordneten Medikamenten. Bekannte Wirkstoffe sind: Pantoprazol, Omeprazol. PPI werden aufgrund zahlreicher Gründe verordnet, unter anderem zur Behandlung einer akuten Gastritis, bei Refluxbeschwerden oder bei Geschwüren des Magen-Darm-Traktes. 

Kurzfristig haben diese Arzneimittel in der Regel kaum Nebenwirkungen, bei einer langfristigen Einnahme jedoch schon. Wegen der Langzeitrisiken und um Überversorgung zu vermeiden, sollte immer wieder sorgfältig geprüft werden, ob das Medikament nicht abgesetzt werden kann.

Eine solche Entscheidung wird von Hausärztinnen und Hausärzten immer gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten gefällt. In der Praxis kann dieser Prozess durch eine digitale Entscheidungshilfe wie „arriba“ erleichtert werden. 

Vor dem Hintergrund stark steigender PPI-Verordnungszahlen wurde für „arriba“ ein spezielles Modul entwickelt, mit dem Ärztinnen und Ärzte mit ihren Patientinnen und Patienten die Indikation der PPI-Einnahme prüfen können und über Vor- und Nachteile der Einnahme sprechen. Auf Basis dieser Informationsgrundlage wird schließlich über das Absetzen oder eine Therapiefortführung entschieden. 

Soll das Medikament abgesetzt werden, unterstützt arriba-PPI bei der konkreten Umsetzung, indem Hinweise zum Herunterdosieren des Medikaments sowie Informationen zu unterstützenden nicht-medikamentösen Maßnahmen gegeben werden.

Dass ein Überprüfen mit digitalem Tool erfolgversprechend ist, zeigte kürzlich eine vom Innovationsfonds geförderte Studie in Zusammenarbeit der Universitäten Marburg, Düsseldorf und Witten/Herdecke: 143 Hausarztpraxen wurden randomisiert der Beratung mit „arriba-PPI“ zugeteilt, in der Kontrollgruppe wurden die Patientinnen und Patienten in herkömmlicher Weise behandelt. 

Ausgewertet wurden die Verordnungsdaten von 2.370 Patientinnen und Patienten in den teilnehmenden Praxen, außerdem Verordnungsdaten der Krankenkassen AOK Nordwest und Hessen sowie der BARMER. In jeder zweiten Beratung mit arriba-PPI einigten sich Arzt und Patient auf ein Absetzen oder auf ein Reduzieren der PPI-Medikation. Sechs Monate nach dem Gespräch waren die PPI-Verordnungsdaten in der arriba-PPI-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe um 22 Prozent niedriger.

„Wir als Fachgesellschaft setzen uns intensiv dafür ein, Überversorgung in der Medizin als strukturelles Problem wahrzunehmen und abzubauen“, kommentiert Prof. Martin Scherer, Präsident der Fachgesellschaft Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin DEGAM. „Die oft dauerhaften Verordnungen von PPI sind ein gutes Beispiel für die ganz alltägliche Überversorgung in der Medizin. 

Damit werden nicht nur Ressourcen verschwendet, sondern auch eventuell vermeidbare Nebenwirkungen in Kauf genommen. Deshalb sollte auch aus Gründen der Patientensicherheit eine langfristige Verordnung immer wieder überprüft werden.“

Prof. Annika Viniol, stellvertretende Sprecherin der Sektion Forschung der DEGAM und Mitautorin der Studie, ergänzt: „Vor dem Hintergrund des zunehmenden Polypharmazierisikos sollten wir als Ärztinnen und Ärzte bei jedem Review der Patienten-Medikamentenpläne die PPI-Einnahme kritisch reflektieren.“