STIKO-Impfkalender: Wie impfen bei Frauen mit Kinderwunsch und Schwangeren?
- Andrea Hertlein
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) hat ihre Impfempfehlungen im Epidemiologischen Bulletin 4/2022 aktualisiert. Die wesentlichen inhaltlichen Änderungen und Ergänzungen zu den Empfehlungen 2021 betreffen vor allem Impfungen zum Schutz der reproduktiven Gesundheit, bei Kinderwunsch und während Schwangerschaft und Stillzeit. Dazu wurde im neuen Impfkalender erstmals ein eigenes Kapitel geschaffen.
Bestimmte impfpräventable Infektionen vor und während der Schwangerschaft sowie in der Postpartalzeit sind mit erhöhten Risiken für die Gesundheit der Frau, den Schwangerschaftsverlauf und die Gesundheit des neugeborenen Kindes verbunden. Eine zeitgerechte Verabreichung der empfohlenen Standardimpfungen vom Säuglingsalter an, sowie die Vermeidung von Impflücken im gebärfähigen Alter, bieten laut STIKO den besten Schutz vor Auswirkungen impfpräventabler Erkrankungen von Mutter und Kind.
Impfungen zum Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten
Die STIKO rät dringend zu Impfungen gegen die sexuell übertragbaren Krankheiten Hepatitis B und HPV. Die Empfehlung einer Impfung gegen Hepatitis B im Säuglingsalter begründet die Kommission damit, dass sich für die selten auftretenden Krankheitsfälle bei Säuglingen und Kleinkindern ein besonders hohes Risiko (90 %) für eine chronische Verlaufsform ergibt. Falls die Impfung im Säuglingsalter versäumt wurde, empfiehlt die STIKO eine Nachholimpfung bis zum 18. Geburtstag. Gegen HPV sollten Kinder im Alter von 9 bis14 Jahren geimpft werden, noch vor Aufnahme jeglicher sexueller Kontakte, betont die STIKO. Wurden die Impfungen in diesem Alter versäumt, können beide Impfungen bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden.
Impfungen bei Kinderwunsch
Röteln, Varizellen und Masern sind für Schwangere besonders gefährlich. So können Röteln und Varizellen fetale kongenitale Syndrome mit Organ-Beteiligungen zur Folge haben und Masern zu schweren Pneumonien und Frühgeburten oder Spontanaborten führen. Die STIKO empfiehlt daher ungeimpften Frauen oder Frauen mit unklarem Impfstatus im gebärfähigen Alter die zweimalige Impfung mit einem MMR-Impfstoff. Einmal geimpfte Frauen im gebärfähigen Alter sollten eine 2. MMR-Impfung erhalten. Zudem empfiehlt die STIKO seronegativen Frauen mit Kinderwunsch eine zweimalige Impfung gegen Varizellen.
Gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen stehen allerdings nur Lebendimpfstoffe zur Verfügung, die in der Schwangerschaft kontraindiziert sind, wie die STIKO nochmals betont. Deshalb sollten bei Frauen im gebärfähigen Alter eventuell bestehende Impflücken rechtzeitig geschlossen werden. Ist eine versehentliche Impfung mit einem Lebendimpfstoff in der Frühgravidität erfolgt, stellt dies jedoch keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch dar, heißt es explizit im Impfkalender.
Außerdem sollten fehlende oder unvollständige Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Polio ebenfalls entsprechend den allgemeinen Empfehlungen der STIKO nachgeholt werden. Bei bestehender Indikation empfiehlt die Kommission Frauen im gebärfähigen Alter präkonzeptionell eine Impfung gegen Hepatitis. Denn die vertikale Transmission von der meist chronisch infizierten Mutter auf das Kind sei die Hauptursache der Hepatitis B bei infizierten Kindern. Im Gegensatz zu Lebendimpfungen ist nach erfolgter Impfung mit einem Totimpfstoff kein Zeitabstand zum möglichen Eintritt einer Schwangerschaft zu berücksichtigen, so das Gremium.
Impfungen in der Schwangerschaft
Totimpfstoffe gelten als sicher für die Schwangere und den Fetus. Daher stellt die Schwangerschaft keine Kontraindikation für die Gabe von Totimpfstoffen dar (wie z.B. gegen Influenza, Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hepatitis A und B). Im ersten Drittel der Schwangerschaft sollten laut STIKO allerdings nur dringend indizierte Impfungen durchgeführt werden, um zu vermeiden, dass die in der Frühschwangerschaft häufigen Spontanaborte mit der Impfung in Zusammenhang gebracht werden. Das Gremium empfiehlt die Impfungen gegen saisonale Influenza und Pertussis in jeder Schwangerschaft ausdrücklich.
Impfungen in der Stillzeit
Stillende können laut STIKO alle empfohlenen Impfungen mit Ausnahme der Gelbfieber-Impfung erhalten. Die Mutterschaftsnachsorge-Untersuchung am Ende des Wochenbetts biete sich besonders für die Impfprophylaxe an, rät das Gremium. Müttern, bei denen keine 2 Impfstoffdosen gegen Röteln dokumentiert sind, oder die in der Schwangerschaft seronegativ für Röteln getestet wurden, sollten postpartal 2 MMR-Impfstoffdosen im (Mindest-)Abstand von 4 Wochen verabreicht werden.
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