Sicherheit der COVID-19-Impfstoffe: ein Update der Europäischen Arzneimittelbehörde

  • Michael van den Heuvel

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Medizinische Nachrichten
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Einmal mehr hat sich der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) mit COVID-19-Vakzinen befasst. Er fordert weitere Daten an, um das Myokarditis- und Perikarditis-Risiko von mRNA-Impfstoffen zu beurteilen. Kausale Zusammenhänge zum multisystemischen Entzündungssyndrom scheint es bei Vakzinen nicht zu geben. Der PRAC will auch ein Signal für das Kapillarlecksyndrom bei Spikevax® überprüfen.

Entwarnung geben Experten bei Imbruvica® plus ACE-Hemmern. Hier gibt es kein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod.

Myokarditis- und Perikarditis-Risiko bei mRNA-Impfstoffen

Der Sicherheitsausschuss der EMA analysiert weiterhin Daten über das Risiko einer Myokarditis und Perikarditis nach der Impfung mit Comirnaty® und Spikevax ®.

Er hatte zuvor Fälle untersucht, die im Europäischen Wirtschaftsraum spontan gemeldet worden sind. Die Überprüfung endete im Juli 2021 mit der Empfehlung, beide Erkrankungen als Nebenwirkungen in Produktinformationen aufzuführen, zusammen mit einer Warnung zur Sensibilisierung der Angehörigen der Gesundheitsberufe und der Personen, die diese Impfstoffe erhalten.

Der Ausschuss hat nun Unternehmen, die beide Impfstoffe vermarkten, aufgefordert, alle veröffentlichten Daten über den Zusammenhang zwischen Myokarditis und Perikarditis, einschließlich Daten aus klinischen Studien, aus der Literatur und aus öffentlich zugänglichen Daten, eingehend zu prüfen.

Myokarditis und Perikarditis sind entzündliche Erkrankungen des Herzens. Die Symptome können unterschiedlich sein, umfassen jedoch häufig Atemnot, einen heftigen Herzschlag, der unregelmäßig sein kann (Herzklopfen), und Schmerzen in der Brust.

COVID-19-Impfstoffe und multisystemisches Entzündungssyndrom

Auch eine weitere Analyse hatte COVID-19-Vakzine zum Inhalt. Der PRAC ist zu dem Schluss gekommen, dass es derzeit keine ausreichenden Beweise für einen möglichen Zusammenhang zwischen COVID-19-Impfstoffen und sehr seltenen Fällen des Multisystem-Entzündungssyndroms (MIS) gibt.

Beim MIS handelt es sich um eine seltene, schwerwiegende entzündliche Erkrankung, die viele Teile des Körpers betrifft und Symptome wie Müdigkeit, anhaltendes schweres Fieber, Durchfall, Erbrechen, Magenschmerzen, Kopfschmerzen, Brustschmerzen und Atembeschwerden hervorrufen kann. MIS wurde in Zusammenhang mit COVID-19 untersucht.

Die Bewertung des Ausschusses basiert auf den verfügbaren Spontanberichten und rechtfertigt derzeit keine Aktualisierung der Produktinformation.

Der PRAC fordert alle Angehörigen der Gesundheitsberufe auf, alle Fälle von MIS, die nach der Impfung aufgetreten sind, sowie andere unerwünschte Ereignisse bei Personen, die diese Impfstoffe erhalten haben, zu melden.

Überprüfung eines Signals für Kapillarlecksyndrom bei Spikevax®

Außerdem hat der PRAC eine Überprüfung eines Sicherheitssignals eingeleitet, um Berichte über ein Kapillarlecksyndrom bei Personen zu bewerten, die mit Spikevax® geimpft wurden. Über die EudraVigilance-Datenbank wurden 6 Fälle dieser sehr seltenen Erkrankung gemeldet, die durch Flüssigkeitsaustritt aus den Blutgefäßen gekennzeichnet ist und zu Gewebeschwellungen und Blutdruckabfall führt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch nicht klar, ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen der Impfung und den Berichten über das Kapillarlecksyndrom gibt.

Berichte deuten auf ein „Sicherheitssignal“ hin, d.h. auf Informationen über neue oder veränderte unerwünschte Ereignisse, die möglicherweise mit einem Arzneimittel in Verbindung gebracht werden und weitere Untersuchungen rechtfertigen.

Der PRAC bewertet jetzt alle verfügbaren Daten, um zu entscheiden, ob ein Kausalzusammenhang bestätigt wird oder nicht. In Fällen, in denen ein kausaler Zusammenhang bestätigt oder als wahrscheinlich angesehen wird, sind regulatorische Maßnahmen erforderlich, um das Risiko zu minimieren. Dies führt in der Regel zu einer Aktualisierung der Zusammenfassung der Produktmerkmale und der Packungsbeilage

Imbruvica® plus ACE-Hemmer: Kein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod

Außerdem ging es bei der Sitzung um die Überprüfung eines Sicherheitssignals für plötzlichen oder Herztod bei Imbruvica® (Ibrutinib) in Kombination mit Angiotensin-konvertierenden Enzyminhibitoren (ACE).

Imbruvica® ist ein Arzneimittel zur Behandlung des Mantelzell-Lymphoms, der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) und der Waldenström-Makroglobulinämie (auch als lymphoplasmazytisches Lymphom bekannt).

Zwischenergebnisse einer klinischen Studie deuten darauf hin, dass das Risiko eines plötzlichen Todes oder eines Herztodes bei Patienten, die bei Studienbeginn einen ACE-Hemmer einnehmen, bei Patienten, die mit Ibrutinib und Rituximab behandelt werden, höher sein könnte als bei Patienten, die mit Fludarabin, Cyclophosphamid und Rituximab behandelt werden.

Nach Prüfung von Daten aus verschiedenen Quellen, einschließlich anderer klinischer Studien, kam der PRAC zu dem Schluss, dass der mögliche Zusammenhang zwischen der Behandlung mit Imbruvica® bei gleichzeitiger Anwendung von ACE-Hemmern und dem Risiko eines plötzlichen Herztodes nicht plausibel erscheine.

Bei den Patienten, die an den vom Zulassungsinhaber gesponserten klinischen Studien teilnahmen, gab es keine statistisch signifikanten Unterschiede in Bezug auf plötzliche Todesfälle oder Herztod zwischen den Patienten, die mit ACE-Hemmern und Imbruvica® behandelt wurden, und den Patienten, die ACE-Hemmer und einen Vergleichsstoff erhielten.

Der Ausschuss hat daher beschlossen, dass, obwohl bereits einige kardiale Nebenwirkungen von Imbruvica® bekannt sind, eine weitere Analyse der schwerwiegenden kardialen Ereignisse notwendig ist, um festzustellen, ob diese Ereignisse möglicherweise mit der alleinigen Anwendung von Imbruvica® zusammenhängen, und um das Risiko der Kardiotoxizität des Arzneimittels unabhängig von der Anwendung von ACE-Hemmern besser zu beschreiben.

 

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Medscape.de.