Sepsis: Score für kurz- und langfristige Mortalität soll Therapieplanung optimieren helfen
- Dr. Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Ein neuer Prognosescore für die Abschätzung der 14-Tages- und 6-Monatsmortalität von Sepsispatienten soll es erleichtern, die Therapie und das Management der Patienten frühzeitig an die Prognose anzupassen. Mit dem Score für die 6-Monatsmortalität lässt auch das Sterblichkeitsrisiko außerhalb des Krankenhauses ermitteln. Das Prognosemodell ist auf Basis von Patientendaten aus deutschen Universitätskliniken entwickelt worden.
Hintergrund
Europäische Daten zeigen, dass schätzungsweise 6 % der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus eine Blutstrominfektion bekommen. Das sind jährlich circa 3,2 Millionen Infektionen in Europa. Bisherige Prognosemodelle sind auf bestimmte Krankheitserreger oder Intensivpatienten und -patientinnen beschränkt und sie betreffen vor allem die kurzfristige Prognose, nämlich während des Krankenhausaufenthalts. Mit dem Ziel, auch das Langzeitsterblichkeitsrisiko bei Patientinnen und Patienten mit BSI sowohl auf der Normal-, als auch auf der Intensivstation und mit verschiedenen Keimen besser abschätzen zu können, erfolgte an 6 deutschen Universitätskliniken eine prospektive Kohortenstudie.
Design
Studienform: prospektivemultizentrische Kohortenstudie mit
- 2568 Patientinnen und Patienten mit BSI in der Derivationskohorte zur Erstellung der relevanten Prognoseparameter (BLOOMY-Scores); die meisten Patienten hatten außer einer positiven Blutkultur auch systemische Zeichen einer Sepsis wie Schüttelfrost und Fieber, und
- 1023 Patientinnen und Patienten mit BSI in der Validierungskohorte (BLOOMY-PREDICT)
Hauptergebnisse
- Die Krankenhaussterblichkeit betrug 23,75 % und die 6-Monats-Sterblichkeit 41,55 %.
- Alter, maligne Vorerkrankungen, das sepsisauslösende Pathogen, der Body Mass Index, Thrombozyten- sowie Leukozytenzahlen, der Entzündungsmarker C-reaktives Protein und die Frage, ob die Infektion im Krankenhaus erworben wurde oder nicht, waren maßgeblich für die Prognose.
- Für die 14-Tage-Sterblichkeit waren außerdem der mentale Status (Desorientiertheit, Stupor, komatöser Zustand), Hypotonie und mechanische Beatmung von wesentlicher Bedeutung, diese 3 Faktoren waren mit einer schlechteren 14-Tages-Prognose assoziiert.
- Für die Vorhersage der 6-Monats-Mortalität waren zusätzlich der Infektionsherd, Komplikationen während des Krankenhausaufenthaltes sowie die Nierenfunktion bei Behandlungsende relevant.
- Nach Überprüfung der Vorhersageregeln auf Basis der Validierungskohorte ergab sich für den BLOOMY-14-Tage-Prognosescore eine Sensitivität von 61,32 % und eine Spezifität 86,36 %, der negative Vorhersagewert lag bei 94,35 %.
- Für den BLOOMY-6-Monats-Prognosescore betrug die Sensitivität 69,93 %, die Spezifität 66,44 % und der negative Vorhersagewert 86,97 %.
Klinische Bedeutung
Die BLOOMY-Studie sei bislang die einzige europäische Studie, die sowohl Patienten auf Intensivstationen, als auch nicht intensivmedizinisch behandelte Patienten einbezogen habe, so die Autoren. „Die BLOOMY-Scores weisen eine gute Trennschärfe und damit Vorhersagekraft in Bezug auf die kurz- und langfristige Sterblichkeit nach Blutstrominfektion auf“, so das Team der Forscherinnen und Forscher. „Auf diese Weise lassen sich differenzierte Sepsis-Managementprotokolle entwickeln.“ Auf der Ebene des individuellen Patienten ließen sich frühzeitig im Behandlungsverlauf jene identifizieren, die ein sehr hohes Sterblichkeitrisiko haben. Sie könnten zum Beispiel engmaschiger überwacht werden. Auch nach der Entlassung ließen sich Erkrankte mit einem hohen Langzeitrisiko gezielt überwachen.
Finanzierung: öffentliche Mittel
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