Schwere autoimmune Myositis: durch CAR-T-Zelltherapie ist Patient vollkommen genesen

  • Nicola Siegmund-Schultze
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

CAR-T-Zellbehandlungen erweisen sich außerhalb der bisherigen Anwendungsgebiete in der Onkologie auch bei Autoimmunerkrankungen zunehmend als wirksam. Hatte es bereits bei einigen Patienten mit systemischem Lupus erythematosus komplette Remissionen gegeben, so hat sich nun auch bei einer schweren, refraktären autoimmunen Myositis eine Krankheitsrückbildung induzieren lassen. Eine weltweit erste Kasuistik vom Universitätsklinikum Erlangen-Nürnberg belegt eine Restitutio ad integrum ohne weitere Therapie – zumindest für den Beobachtungszeitraum von 6 Monaten.

Hintergrund

CAR-T-Zellen (Chimeric Antigen Receptor T cells) sind gentechnisch veränderte T-Lymphozyten des Patienten. Sie werden in vitro so modifiziert, dass sie zusätzlich zum ursprünglichen Antigenrezeptor einen weiteren exprimieren mit Bindungsfähigkeit zum Beispiel an CD19 auf B-Lymphozyten. Diese scharf gemachten T-Zellen werden ex vitro vermehrt und dem Patienten reinfundiert. Sie überleben, proliferieren und lösen eine Zytolyse aus. CD19-CAR-T-Zellen können B-Zellen vorübergehend fast vollständig depletieren. In der Onkologie haben sie sich als äußerst effektiv gegen B-Zell-Leukämien und -Lymphome erwiesen. Nun werden sie für die Therapien von Autoimmunerkrankungen entwickelt wie der B-Zellvermittelten autoimmunen Myositis (1). Ohne effektive Behandlung verläuft diese Erkrankung im Allgemeinen schwer und unter Umständen tödlich.

Design 

  • Individueller Heilversuch bei einem 41jährigen Patienten mit idiopathischem, therapierefrakärem Antisynthetase-Syndrom, einer Bildung von Autoantikörpern gegen die für die Proteinbiosynthese erforderlichen t-RNA-Synthetasen

  • Befund: stark ausgeprägte Muskelatrophien, histopathologisch auch Nekrosen der Muskelfasern, Schmerzen und Schwächegefühl, Inflammation in Muskeln, Gelenken und Lunge, nasal Sauerstoff (50 L/Min)

  • Vorbehandlungen: Glukokortikoide, Rituximab, Tacrolimus, Cyclophosphamid und Kombinationen der Medikamente nicht ausreichend und vor allem nicht anhaltend wirksam 

  • Laborwerte vor Therapie mit CAR-T-Zellen: Kreatininkinase 9305/U/l (normal < 190 U/l), Myoglobin 2148 μg/l (normal < 70 μg/l), C-reaktives Protein 21,7 mg/l, normal < 5 mg/l)

Hauptergebnisse 

  • Es wurden 1 × 10CAR-T-Zellen/kg Körpergewicht reinfundiert. Die CAR-T-Zellen vermehrten sich bis Tag 8 auf das 600fache der Ausgangskonzentration und fielen anschließend in der Zellzahl ab.

  • Nach der CAR-T-Zellinfusion kam es kurzfristig zu einem Anstieg der Kreatininkinase-Konzentration auf 13.600 U/l, möglicherweise durch die ausgeprägte Zytolyse von B-Lymphozyten.

  • Der Patient erholte sich dann aber rasch mit einer Zunahme von Muskelmasse, -kraft und Atmungskapazität, inklusive einer Normalisierung von Laborwerten.

  • Am Tag 180 nach CAR-T-Zellinfusion war er komplett genesen, ohne dass eine weitere immunsuppressive Behandlung erforderlich wäre.

  • Es war lediglich IgG ein Mal pro Monat substituiert worden.

Klinische Bedeutung

Die Kasuistik belegt nach Angaben der Autorinnen und Autoren weltweit erstmals, dass eine CAR-T-Zelltherapie bei refraktären autoimmunen Myopathien machbar und verträglich ist und im konkreten Behandlungsfall hoch effektiv war. 

6 Monate nach der CAR-T-Zellverabreichung sei der Patient vollkommen genesen gewesen. Kraft, Leistungsfähigkeit und Ausdauer kamen zurück.

Besonders bemerkenswert an diesem Fall sei, dass alle immunsuppressiven Medikamente inklusive Glukokortikoiden komplett abgesetzt werden konnten, ohne dass die Erkrankung wiederaufflammte, auch nicht nach Rekonstitution der B-Lymphozyten (2).

Zuvor sei bereits bei einer kleinen Serie von Patienten mit systemischem Lupus erythematosus eine „Wirksamkeit von CAR-T-Zellen eindrucksvoll gezeigt“ worden (3).

Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft