Schlechte Lebensumstände in früher Kindheit können Psyche und Denkvermögen schaden

  • Dr. Sheena Meredith
  • Medizinische Nachrichten
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Negative Lebensumstände in der frühen Kindheit wie etwa Armut, Familienkonflikte, Trennung der Eltern, Gewalt oder chronische Krankheiten in der Familie können die psychische Gesundheit während der gesamten Kindheit beeinträchtigen, was wiederum negative Folgen für die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten hat. Dies sind die alarmierenden Schlussfolgerungen einer neuen Studie der Universität Cambridge, die neue Erkenntnisse darüber liefert, wie diese bekannten Auswirkungen zusammenwirken und sich im Laufe der Zeit entwickeln.

"Es ist wahrscheinlich, dass die Zusammenhänge zwischen ungünstigen Lebensumständen, kognitiven Fähigkeiten und psychischer Gesundheit zumindest zum Teil auf entwicklungsbedingte Wechselwirkungen zurückzuführen sind", so die Forscher. Für ihre Studie, die im Journal of Child Psychology and Psychiatry veröffentlicht wurde, nutzten sie die Daten von 13.287 Kindern aus der laufenden prospektiven Millennium Cohort Study von Kindern, die zwischen 2000 und 2002 im Vereinigten Königreich geboren wurden.

Die Kinder wurden anhand von Messwerten für frühkindliche negative Lebensumstände (vor dem Alter von 3 Jahren ) beurteilt und mehreren Tests zur psychischen Gesundheit und kognitiven Leistungsfähigkeit im Alter von 3, 5, 7, 11 und 14 Jahren unterzogen. Die psychische Gesundheit wurde anhand der von den Eltern ausgefüllten Skalen für emotionale Symptome, Probleme mit Gleichaltrigen, Verhaltensprobleme, prosoziales Verhalten und Hyperaktivität bewertet. Die kognitive Funktion wurde anhand von Tests des räumlichen Arbeitsgedächtnisses im Alter von 11 Jahren und des Wortschatzes im Alter von 14 Jahren beurteilt.

Die Wissenschaftler von der Universität Cambridge verwendeten ein statistisches Verfahren, um herauszufinden, inwieweit die psychische Gesundheit die Beziehung zwischen frühkindlichen Widrigkeiten und kognitiven Fähigkeiten im späteren Kindesalter beeinflusst. Sie berichteten, dass frühkindliche Widrigkeiten im Alter von 3 Jahren eine starke Vorhersage für eine schlechtere psychische Gesundheit in allen Altersgruppen von 3 bis 14 Jahren darstellten.

Entwicklungssensible Zeit

Obwohl die Assoziation im Alter von 3 Jahren am stärksten war und sich im Laufe der Zeit immer mehr abschwächte, "deutet dies darauf hin, dass die Belastung durch frühkindliche Widrigkeiten in dieser entwicklungssensiblen Zeit eine negative Langzeitwirkung auf die psychische Gesundheit hat", so das Team. Sie zitierten andere Forschungsergebnisse, die zeigen, dass diese Entwicklungsphase, die durch rasche neuronale Veränderungen gekennzeichnet ist, besonders empfindlich auf Umweltstressoren reagiert, während danach eine stärkere Stressbelastung erforderlich wäre, um ähnliche Auswirkungen auf das neuronale System zu haben.

Negative Umstände in der frühen Kindheit sagten auch eine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten im Laufe der Kindheit voraus, basierend auf schlechteren Leistungen bei Tests des Arbeitsgedächtnisses im Alter von 11 Jahren und des Wortschatzes im Alter von 14 Jahren.

Darüber hinaus zeigte die Analyse, dass die meisten der Auswirkungen früher Widrigkeiten auf die Kognition durch Veränderungen der psychischen Gesundheit vermittelt wurden. Die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit, die sich aus frühen Widrigkeiten ergeben, erklärten 59 % der Varianz der schlechteren Leistungen im Arbeitsgedächtnis im Alter von 11 Jahren und 70 % der schlechteren Leistungen im Wortschatz im Alter von 14 Jahren.

"Die Auswirkungen widriger Umstände auf die Kognition sind zum Teil auf ihre negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit während der Entwicklung zurückzuführen", so die Autoren. "Mit anderen Worten: Kinder, die in ihrer frühen Kindheit Widrigkeiten ausgesetzt waren, hatten im Alter von 3 bis 14 Jahren am ehesten Schwierigkeiten mit der psychischen Gesundheit, wobei die Verschlechterung der psychischen Gesundheit im Alter von 3 Jahren größer war als in den späteren Jahren."

Nachhaltige Auswirkungen auf die kognitiven Leistungen

"Widrige Umstände in der frühen Kindheit können zu längeren Perioden schlechter psychischer Gesundheit führen, was wiederum dauerhafte Auswirkungen auf die kognitiven Leistungen haben kann, z. B. auf das Arbeitsgedächtnis und den Wortschatz", sagte der Hauptautor Dr. Tochukwu Nweze. "Unsere Ergebnisse verdeutlichen nicht nur die negativen Auswirkungen widriger Umstände auf die psychische Gesundheit und die kognitiven Fähigkeiten, sondern zeigen auch einen der Mechanismen auf, durch die sich diese Auswirkungen manifestieren und über einen langen Zeitraum hinweg anhalten", erklärte er. "Länger andauernde Perioden schlechter psychischer Gesundheit als Folge von Widrigkeiten in der frühen Kindheit können dauerhafte oder teilweise kumulative Auswirkungen auf kognitive Fähigkeiten wie Arbeitsgedächtnis und Wortschatz haben."

Hoffnungsvoller stimmt das Team, dass eine Verringerung der psychischen Probleme im Laufe der Zeit mit einer Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses und des Wortschatzes einherging.

"Dies deutet darauf hin, dass die Auswirkungen frühkindlicher negativer Lebensumstände auf die spätere Kognition gemildert werden könnten, wenn Verhaltens- und psychologische Schwierigkeiten bereits im Kindesalter angegangen werden können", so die Forscher. "Diese Ergebnisse haben wichtige potenzielle klinische und pädagogische Auswirkungen, da sie darauf hindeuten, dass die akademische und kognitive Widerstandsfähigkeit bei gefährdeten Kindern durch frühzeitige psychologische Maßnahmen gefördert werden kann."

Interventionen könnten die Auswirkungen abmildern

Sie schlugen vor, dass sich die Interventionen "auf den Aufbau von Resilienz bei Kindern konzentrieren sollten, die im frühen Leben Widrigkeiten erlebt haben", insbesondere in einer Zeit der "zunehmenden Herausforderungen für die psychische Gesundheit" bei Teenagern und jungen Menschen.

Nweze: "Wir wissen bereits, dass eine schlechte psychische Gesundheit und Kognition mit zahlreichen Verhaltensproblemen verbunden sind, die die Lebensqualität und -zufriedenheit beeinträchtigen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines frühzeitigen Eingreifens, um Kindern die bestmöglichen Lebensperspektiven zu bieten. Wir schlagen vor, dass Pädagogen in Zusammenarbeit mit Klinikern eine größere Resilienz fördern könnten, indem sie versuchen, diesen Teufelskreis der anhaltenden und sich selbst erhaltenden psychischen Probleme von Menschen, die frühe Widrigkeiten erlebt haben, durch eine Art von bewusster und gezielter klinischer Intervention zu durchbrechen."

Die Forschung wurde vom Cambridge Trust im Rahmen des Cambridge African Scholarship Scheme finanziert.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Medscape.uk. Übersetzt worden ist er von Dr. Petra Kittner.