Schlaganfall durch Basilaris-Verschluss: Thrombektomie senkt die Sterblichkeit deutlich
- Dr. Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Bei Schlaganfällen durch einen Verschluss der A. basilaris haben Patienten einen klaren medizinischen Vorteil von der endovaskulären Thrombektomie. Das 90-Tage-Überleben ist signifikant um 25-34 % erhöht im Vergleich zur Standardtherapie ohne Entfernung des Thrombus. Auch das funktionelle Outcome verbessert sich durch eine Thrombektomie erheblich (1, 2).
Hintergrund
Schlaganfälle sind die häufigste Ursache für erworbene Behinderung und eine der häufigsten Todesursachen. In Deutschland haben pro Jahr circa 270 000 Menschen einen Schlaganfall, 85 % davon sind ischämisch verursacht (3). Die Therapie sollte möglichst in einem Zeitfenster von 4,5 Stunden beginnen. Pharmakologische Thrombolyse und mechanische Thrombektomie sind bei großen Gefäßverschlüssen der A. carotis interna und/oder A. cerebri media die Methoden der Wahl. Bei akuten größeren Gefäßverschlüssen der hinteren Hirnzirkulation (A. vertebralis/A. basilaris) wird international von Fachgesellschaften zwar ebenfalls eine Thrombektomie empfohlen, allerdings nicht auf Basis randomisierter Studien, sondern nur auf Basis von Registerdaten. Nun liegen zwei große, prospektiv randomisierte Studien chinesischer Forscher zur Frage der Thrombektomie bei Schlaganfällen durch V. basilaris-Verschluss vor (1, 2).
Design
- Studien: BAOCHE (1) und ATTENTION (2)
- Studienform: multizentrische, prospektiv randomisierte offene Studien
- Teilnehmerinnen und Teilnehmer der
- BAOCHE-Studie: 217 erwachsene Patienten (O: 64 Jahre) mit akutem Schlaganfall durch Verschluss der A. basilaris, die innerhalb von 6-24 Stunden behandelt werden konnten und entweder eine Standardtherapie plus Thrombektomie erhielten (n = 117) oder eine Standardtherapie ohne Thrombektomie (n = 110; Kontrolle) und der
- ATTENTION-Studie: 340 erwachsene Patienten (O: 66 Jahre) mit mittelschwerem oder schwerem Schlaganfall durch Verschluss der A. basilaris, die innerhalb von 12 Stunden behandelt werden konnten und entweder eine Standardtherapie plus Thrombektomie (n = 226; 31 % mit Thrombolyse) oder eine Standardtherapie ohne Thrombektomie erhielten (n = 114, Kontrolle; 34 % mit Thrombolyse)
- Primäre Endpunkte waren in beiden Studien die Anteile der Patienten mit gutem funktionalen Status (modifizierte Rankin Scale [mRS]; 0: keine Symptome; 3: gute Funktion; 6: Tod) oder Versterben innerhalb von 90 Tagen
Hauptergebnisse
- Die BAOCHE-Studie wurde nach einer präspezifizierten Zwischenanalyse aufgrund der Überlegenheit der Thrombektomie gestoppt.
- Einen guten mRS-Score (0-3) hatten in der Thrombektomiegruppe 46 % erreicht gegenüber 24 % in der Kontrollgruppe (adjustierte Rate Ratio [aRR]: 1,81; p < 0,001).
- Die 90-Tage-Mortalität betrug in der Thrombektomiegruppe 31 % und 42 % in der Kontrollgruppe (aRR: 0,75).
- Symptomatische intrakranielle Blutungen traten bei 6 % in der Thrombektomiegruppe auf und bei 1 % in der Kontrollgruppe (aRR: 5,18).
- In der ATTENTION-Studie (2) erreichten nach 90 Tagen bei Thrombektomie ebenfalls 46 % einen guten funktionellen Status (mRS-Score ≤3), aber nur 23 % in der Kontrollgruppe (aRR: 2,06, p < 0,001).
- Die 90-Tage-Mortalität betrug 37 % nach Thrombektomie und 55 % in der Kontrollgruppe (aRR: 0,66).
- Symptomatische intrakranielle Blutungen traten in der Thrombektomiegruppe bei 5 % auf und bei keinem Patienten der Kontrollgruppe. Es gab einen Todesfall durch arterielle Perforation bei Thrombektomie.
Klinische Bedeutung
„Zwei relativ große, randomisierte prospektive Studien ergeben bei akutem Basilarisverschluss einen signifikanten therapeutischen Nutzen der zusätzlichen mechanischen Thrombektomie zur Standardtherapie“, kommentiert Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen (4). „Es erreichten praktisch doppelt so viele Betroffene ein gutes funktionelles Outcome. Die 90-Tage-Sterblichkeit war allerdings mit circa einem Drittel weiterhin hoch, wenn auch deutlich niedriger als bei Standardtherapie alleine.“
In beiden Studien betrugen die Zeitfenster für den Therapiebeginn allerdings mehr als die sonst geforderten 4,5 Stunden. Einschränkend für die Übertragbarkeit der Ergebnisse seien die besonderen Patientenpopulationen: Die Teilnehmer stammen mehrheitlich aus Asien, wo die Prävalenz vorbestehender Stenosen der A. basilaris höher ist als bei Kaukasiern. „Wünschenswert wäre, diese Ergebnisse an einer europäischen Population zu bestätigen“, so Schlaganfallexperte Diener.
Finanzierung: öffentliche Mittel
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