Schizophrenie: Depotpräparate in „pragmatischer“ Studie nicht besser als orale Antipsychotika

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Der Vergleich von mehr als 500 Patienten im relativ frühen Stadium einer Schizophrenie (< 7 Jahre) ergab, dass langwirksame Depot-Antipsychotika keinen signifikanten Vorteil gegenüber den gleichen, oral verabreichten Wirkstoffen haben. Grundlage des, im Lancet Psychiatry publizierten, Vergleiches war allerdings nicht die Rückfallrate, sondern die Notwendigkeit, die Medikation auszusetzen oder umzustellen. 

Hintergrund

Wenn Patienten mit Schizophrenie eine Rückfall erleben, ist die häufigste Ursache, dass zuvor die Einnahme der antipsychotischen Medikation gestoppt wurde. Als Lösung für dieses Problem wurden vielfach lang wirksame, intramuskuläre Depotformulierungen von Antipsychotika propagiert. Die Forschungsergebnisse dazu sind nach Aussage der Autoren der aktuellen Studie jedoch widersprüchlich, und zudem sei die Hypothese in der frühen Phase der Schizophrenie nicht gründlich untersucht worden.

Design

EULAST war eine pragmatische, randomisierte, offene Studie an 50 Kliniken in Europa und Israel mit 511 erwachsenen Patienten (Durchschnittsalter 30,5 Jahre; 67 % Männer) mit einer Schizophrenie-Diagnose gemäß DSM-IV, die ihre erste psychotische Episode zwischen 6 Monaten und 7 Jahren vor dem Screening erlebt hatten. Sie erhielten im Verhältnis 1:1:1:1 die injizierbaren, langwirkenden Formulierungen von Paliperidon oder Aripiprazol oder deren orale Formulierungen. Die Nachverfolgung dauerte bis zu 19 Monaten; gemessen wurde die Zeit bis zum Erreichen des primären Endpunktes. Dieser Bestand aus der Beendigung der zugelosten Behandlung einschließlich veränderter Dosierung außerhalb des erlaubten Bereiches, Wechsel oder Ergänzung des Antipsychotikums und vermisstem Kontrolltermin trotz Erinnerung.

Ergebnisse

  • Unter den beiden oralen Antipsychotika beendeten 29 % der Patienten die Studie, ohne den primären Endpunkt zu erreichen. Der Anteil der Abbrecher lag somit bei 71 %. Unter den beiden intramuskulären Formulierungen beendeten 36 % die Studie, während 64 % den primären Endpunkt erreichten.
  • In der Cox-Regressionsanalyse betrug das Chancenverhältnis HR 1,16 zugunsten der Depotpräparate. Dies war jedoch bei einem 95%-Konfidenzintervall von 0,94 – 1,43 kein statistisch signifikanter Unterschied (p = 0,18).
  • Auch bei der Zeit bis zum Abbruch gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen (p = 0,17). Eine Subgruppenanalyse zeigte hier allerdings für Abbrüche „aus anderen Gründen“, dass dies mit 49 versus 34 % signifikant häufiger unter oraler Medikation geschah (P = 0,0034), und dass diese Abbrüche aus anderen Gründen mit intramuskulären Formulierungen signifikant später auftraten.

Klinische Bedeutung

Die Autoren schließen aus ihren Daten, es gebe „keine konsistente Evidenz, die den Gebrauch von (Depot-Formulierungen) gegenüber oralen Antipsychotika unterstützt“. Es scheint allerdings fraglich, ob die gewählten Endpunkte ebenso aussagekräftig sind wie beispielsweise die Rückfallrate.

Finanzierung: Lundbeck und Otsuka.