Schädel-Hirn-Traumata sind laut neuen Daten chronisch und wandelbar
- Megan Brooks
- Medizinische Nachrichten
Neue Längsschnittdaten der Forschungsgruppe TRACK TBI zeigen, dass die Genesung von einem Schädel-Hirn-Trauma ("traumatic brain injury", TBI) ein dynamischer Prozess ist, der sich weit über die ersten 12 Monate nach der Verletzung hinaus weiterentwickelt.
Die Daten ergeben, dass sich der Zustand von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma über einen Zeitraum von bis zu sieben Jahren nach der Verletzung weiter verbessern oder verschlechtern kann und es sich somit eher um einen chronischen Zustand handelt, berichten die Wissenschaftler.
"Unsere Ergebnisse widerlegen die Vorstellung, dass ein Schädel-Hirn-Trauma ein einzelnes, isoliertes medizinisches Ereignis mit einem endgültigen, statischen funktionellen Ergebnis nach einer relativ kurzen Zeit der Erholung (typischerweise bis zu einem Jahr) ist", sagte Dr. Benjamin Brett, vom Medical College of Wisconsin in Milwaukee.
"Vielmehr zeigen die Betroffenen auch noch 2 bis 7 Jahre nach ihrer Verletzung Verbesserungen und Verschlechterungen in einer Reihe von Bereichen, einschließlich psychiatrischer, kognitiver und funktioneller Ergebnisse", so Brett.
"Letztlich unterstützen unsere Erkenntnisse die Auffassung, dass ein Schädel-Hirn-Trauma für viele Patienten eine chronische Erkrankung ist und eine routinemäßige Nachsorge, medizinische Überwachung, reaktionsschnelle Pflege und Unterstützung erfordert, die sich an die wechselnden Bedürfnisse der Patienten viele Jahre nach der Verletzung anpasst", sagte er.
Die Ergebnisse der TRACK TBI LONG (Transforming Research and Clinical Knowledge in TBI Longitudinal study) wurden am 21. Juni online in Neurology veröffentlicht.
Chronisch und im Wandel
Die Ergebnisse basieren auf 1.264 Erwachsenen (Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Verletzung: 41 Jahre) aus der ursprünglichen TRACK-TBI-Studie, darunter 917 mit leichtem Schädel-Hirn-Trauma ("mild TBI", mTBI) und 193 mit mittelschwerem/schwerem Schädel-Hirn-Trauma ("moderate/severe TBI", msTBI), die mit 154 Kontrollpatienten verglichen wurden, die ein orthopädisches Trauma ("orthopedic trauma controls", OTC) ohne Hinweise auf eine Kopfverletzung erlitten hatten.
Die Teilnehmer wurden bis zu sieben Jahre nach der Verletzung jährlich mithilfe der Glasgow Outcome Scale-Extended (GOSE), des Brief Symptom Inventory-18 (BSI) und des Brief Test of Adult Cognition by Telephone (BTACT) sowie einer Selbsteinschätzung der Funktionsfähigkeit untersucht. Die Wissenschaftler berechneten die Veränderungsraten (klassifiziert als stabil, verbessert oder verschlechtert) für die einzelnen Ergebnisse bei jeder langfristigen Nachuntersuchung.
Im Allgemeinen war "stabil" das häufigste Veränderungsergebnis für die einzelnen Messwerte von der Ausgangsbeurteilung nach der Verletzung bis 7 Jahre nach der Verletzung.
Ein erheblicher Anteil der Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma (unabhängig vom Schweregrad) erlebte jedoch im Laufe der Jahre Veränderungen des psychiatrischen Status, der Kognition und der funktionellen Ergebnisse.
Bei gemeinsamer Betrachtung von GOSE, BSI und BTACT lagen die Verschlechterungsraten bei 21% für mTBI, 26% für msTBI und 15% für OTC.
Die höchsten Verschlechterungsraten waren bei den funktionellen Ergebnissen (GOSE-Scores) zu verzeichnen. Im Durchschnitt kam es im Verlauf von 2 bis 7 Jahren nach der Verletzung bei 29% der Patienten mit mTBI und bei 23% der Patienten mit msTBI zu einer Verschlechterung der Fähigkeit, alltägliche Aktivitäten auszuführen.
Bei 36% der Patienten mit msTBI und 22% der Patienten mit mTBI wurde eine Verbesserung des GOSE festgestellt.
Bemerkenswert ist, so Brett, dass Patienten mit größeren Schwierigkeiten zum Zeitpunkt der Verletzung eine Verbesserung über einen Zeitraum von 2 bis 7 Jahren nach der Verletzung zeigten. Patientenfaktoren wie z. B. ein höheres Alter zum Zeitpunkt der Verletzung waren mit einem größeren Risiko für eine langfristige Verschlechterung verbunden.
"Unsere Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, das Schädel-Hirn-Trauma als chronischen Zustand zu betrachten, um Pflegesysteme mit kontinuierlichen Behandlungs- und Unterstützungsmaßnahmen einzurichten, die sich an die wechselnden Patientenbedürfnisse - unabhängig von der Richtung der Veränderungen - anpassen", so Brett.
Wichtige und neuartige Arbeit
In einem Leitartikel bemerkt Dr. Robynne Braun von der Abteilung für Neurologie der University of Maryland in Baltimore, dass es "nur wenige prospektive Studien gibt, die die Ergebnisse nach einer Verletzung über einen so langen Zeitraum hinweg untersuchen, insbesondere bei leichten Schädel-Hirn-Traumata, was diese Arbeit zu einer wichtigen und neuartigen Arbeit macht".
Die Studie "zeigt effektiv, dass Funktionsveränderungen in verschiedenen Bereichen weit über die üblicherweise untersuchte 6- bis 12-monatige Genesungsphase hinaus anhalten", schreibt Braun.
Die Beobachtung, dass ein beträchtlicher Anteil der Patienten mit mTBI und msTBI während der 7-jährigen Nachbeobachtungszeit ein sich verschlechterndes Verlaufsmuster im GOSE aufwies, deutet darauf hin, dass sie "möglicherweise mehr kontinuierliche medizinische Überwachung, Rehabilitation oder unterstützende Dienste benötigt hätten, um eine Verschlechterung zu verhindern", so Braun weiter.
Gleichzeitig deutet das Verbesserungsmuster im GOSE darauf hin, dass "weitere rehabilitative oder medizinische Maßnahmen die Heilungschahttps://www.medscape.com/viewarticle/993797ncen verbessert haben könnten."
Dieser Artikel erschien im Original bei Medscape und wurde von Dr. Petra Kittner übersetzt.
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