SARS-CoV-2-Infektionen sind bei Kindern kein Auslöser von Typ-1-Diabetes

  • Dr. Nicola Siegmund-Schultze
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Eine Registeranalyse von mehr als 51.000 Kindern und Jugendlichen aus Deutschland und den USA ergibt keinen Zusammenhang zwischen einer SARS-CoV-2-Infektion und präsymptomatischem Typ-1-Diabetes (1). Diese Daten stehen im Gegensatz zu früheren Studienergebnissen mit kleineren Kohorten, die auf eine erhöhte Inzidenz hingewiesen hatten.

Hintergrund
Für die Entwicklung eines Typ-1-Diabetes sind genetische Faktoren und Umwelteinflüsse relevant. Auch Infektionen können die Pathogenese triggern. Daher ist bereits früh nach Auftreten der SARS-CoV-2-Pandemie begonnen worden zu untersuchen, ob es eine Assoziation zur Inzidenz von Typ-1-Diabetes bei Kindern geben könnte. In mehreren Analysen, darunter aus dem deutschen Diabetes-Register DPV, hatte sich eine erhöhte Inzidenz von Typ-1-Diabetes-spezifischen Autoantikörpern im zeitlichen Zusammenhang mit COVID-19-Erkrankungen ergeben, nämlich von + 15 % bis zu + 40 % [2, 3]). Nun ist die Frage in einer weiteren, gemeinsamen Analyse von Daten zweier großer Register in Colorado, USA, und Bayern untersucht worden (1).

Design

  • Datenbasis: Screeningstudien aus den
    • USA (Autoimmunity Screening for Kids [ASK] in Colorado; Kinder und Jugendliche von 1 bis 18 Jahren) und aus
    • Deutschland (bayerische Fr1da-Studie; Kinder und Jugendliche von 1 bis 10,9 Jahre; [4])
  • Definition einer SARS-Infektion: Antikörper gegen die SARS-CoV-2-Rezeptorbindungsdomäne und Nukleokapsidproteine
  • Hinweis auf Typ-1-Diabetes: Tests auf zytoplasmatische Inselzell-Antikörper, Insulin-Autoantikörper, Antikörper gegen Glutamatdecarboxylase, Tyrosinkinase IA-2 und gegen den Zink-Transporter-8
  • Zeitrahmen: 2020 und 2021

Hauptergebnisse

  • Daten von 51.970 Kindern und Jugendlichen konnten ausgewertet werden, davon 47.253 in der bayerischen Fr1da-Studie und 4.717 aus dem Register in Colorado.
  • Eine SARS-Infektion hatten 1.524 Kinder aus dem Colorado-Register (32,3 %) hinter sich und 2.862 Kinder (6,1 %) aus dem Fr1da-Register
  • Multiple Inselzell-Autoantikörper wurden bei 0,45 % der Kinder aus dem Colorado-Register festgestellt und bei 0,30 % der Kinder aus dem Fr1da-Register
  • Die Prävalenzen multipler oder singulärer hochaffiner Inselzell- oder Insulin-Autoantikörper differierten nicht statistisch signifikant zwischen Teilnehmern mit und ohne durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion.
  • Die Odds Ratios lagen für multiple Autoantikörper nach SARS-CoV-2 bei 1,06 (p = 0,83) und für singuläre Autoantikörper bei 1,34 (p = 0,36).
  • Die Ergebnisse blieben im Wesentlichen auch nach Mulitvariatenanalysen mit Berücksichtigung von Alter, Geschlecht oder genetischer Vorbelastung bestehen.

Klinische Bedeutung
Ein Screening von mehr als 51.000 Kindern und Jugendlichen auf einen möglichen Zusammenhang zwischen einer SARS-CoV-2-Infektion und einen präsymptomatischen Typ-1-Diabetes ergab keine Assoziation mit statistischer Signifikanz. Die Aussagekraft der Studie wird wegen der Größe der Studienpopulation von den Autoren als hoch bewertet (1). Eine Einschränkung sei die vergleichsweise niedrige Prävalenz der Inselzell-Autoantikörper in der Gesamtpopulation, die mögliche Unterschiede weniger deutlich machen könnten. Insgesamt seien weitere Untersuchungen dieser Fragestellung erforderlich, auch mit Längsschnittcharakter, um zu klären, ob die klinische Manifestation eines Typ-1-Diabetes bei präexistierender Autoimmunität durch SARS-CoV-2 beschleunigt wird.

Finanzierung: öffentliche Fördergelder und Stiftungsmittel