SARS-CoV-2-impfassoziierte Myokarditis: tödlich verlaufene Einzelfälle und ihre Konsequenzen

  • Nicola Siegmund-Schultze
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Die tödlich verlaufende, SARS-CoV-2-impfassoziierte Myokarditis ist eine sehr seltene potenzielle Nebenwirkung von mRNA-Impfstoffen gegen SARS-CoV-2. Sie wird in internationalen Studien und auch in Kasuistiken aus Deutschland beschrieben. Die SARS-CoV-2-impfassoziierte Myokarditis ist eine Ausschlussdiagnose hoher Komplexität. Ein Team deutscher Pathologen und Rechtsmediziner fordert, Standards für die postmortale Diagnostik beim Verdacht auf eine tödlich verlaufene Erkrankung zu entwickeln, um Wissenslücken zu schließen und die vermutlich hohe Dunkelziffer zu senken (Rechtsmedizin; https://doi.org/10.1007/s00194-022-00587-9).

Hintergrund
Vergleichsweise früh im Verlauf der SARS-CoV-2-Pandemie wurden sowohl in Deutschland, als auch international tödlich verlaufende Myokarditiden beschrieben, ausgelöst durch die Virusinfektion (1, 2). Es wird geschätzt, dass 1.000 bis 4.000 pro 100.000 SARS-CoV-2-Infizierte eine akute oder chronische Myokarditis entwickeln (zit. nach [3]). Zur Prophylaxe von SARS-CoV-2-Infektionen, zunächst vor allem schwerer Verläufe, wurden erstmals mRNA-Impfstoffe zugelassen. Ab dem Frühjahr 2021 gab es vermehrt Publikationen, in denen über SARS-CoV-2-impfassoziierte Myo- und Perikarditiden berichtet wurde, unter anderem aus den Centers for Disease Control and Prevention der USA (4). Größere Studien kamen für die Myokarditis als Impffolge auf 1,0-2,13/100.000 geimpfter Personen (5, 6) und für die Perikarditis auf 1,8/100.000 geimpfter Personen (5). Die meisten Erkrankungen waren entweder symptomlos oder heilten aus. Zur Häufigkeit tödlich verlaufender SARS-CoV-2-impfassoziierter Myokarditiden gibt es keine verlässlichen Daten. Über Einzelfälle als wahrscheinliche Impffolge wird allerdings auch aus Deutschland berichtet (7). In einem systematischen Review stellen deutsche Rechtsmediziner und Pathologen das publizierte Wissen über impfassoziierte Myokarditiden als potenziell letale Nebenwirkung der mRNA-Impfstoffe dar (3).

Design
Systematischer Review der internationalen wissenschaftlichen Literatur zu SARS-CoV-2-impfassoziierter Myokarditis mit Todesfolge

Hauptergebnisse

  • 25 Studien entsprachen den Einschlusskriterien, in ihnen wurden 66 Fälle beschrieben.

  • 53 Verstorbene hatten einen Impfstoff von BioNTech/Pfizer erhalten und 13 von Moderna.

  • Bei 86,4 % entwickelte sich die Myokarditis nach der 2. Impfung und bei 13,6 % nach der 1. Impfung.

  • Bei 77,2 % (51/66) war keine relevante Vorerkrankung bekannt. 

  • Unter den übrigen dokumentierten Vorerkrankungen waren Adipositas plus Insulinresistenz bei einem 15jährigen Jungen, kardiovaskuläre und pulmonale Komorbidität bei einem 67jährigen Mann, Bluthochdruck bei einer 70jährigen Frau und Multimorbidität mit arterieller Hypertonie, Steatohepatitis und KHK bei einem 52jährigen Mann.

Klinische Bedeutung

Die Kenntnis der Effektstärken und potenziellen Risiken von Impfungen ist fundamental für ihre breite Anwendung. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass unter den seltenen SARS-CoV-2-impfassoziierten Myokarditiden in sehr seltenen Fällen tödliche Verläufe sind. Die impfassoziierte Myokarditis sei eine Ausschlussdiagnose hoher Komplexität, die nur durch eine differenzierte, interdisziplinäre Aufarbeitung möglich sei, so die Autoren. Dies liege unter anderem daran, dass es viele mögliche und im Einzelfall unbekannte weitere Ursachen für eine Myokarditis geben könne wie Medikamente, Toxine oder Hypersensitivitäts- und Autoimmunphänomene, die zufällig mit der Impfung koinzidieren.

Es wird ein diagnostischer Algorithmus zu systematischen postmortalen Aufarbeitung von Todesfällen im zeitlichen Zusammenhang mit einer mRNA-Impfung zur Untersuchung auf impfassoziierte Myokarditis vorgeschlagen. Die Diagnostik einer solchen impfassoziierten Myokarditis bedürfe allerdings der Standardisierung, so die Autoren.

Autopsieserien von Todesfällen bis zu 6 Wochen nach der Impfung seien erforderlich, um die klinischen Daten hinsichtlich letaler Komplikationen zu ergänzen. Das Post-mortem-Intervall bis zur Autopsie sollte ≤ 96 Stunden betragen.

Finanzierung: keine Angaben