S3-Leitlinie zur Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen aktualisiert

  • Andrea Hertlein
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaft

Opioide werden weltweit zunehmend eingesetzt. Dabei sind vor allem nicht tumorbedingte Schmerzen die Hauptindikation. Die S3-Leitlinie „Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen“ (LONTS) wurde jetzt unter Federführung der Deutschen Schmerzgesellschaft zum zweiten Mal überarbeitet.

Gute Leitlinien zur Patientenbehandlung sind für eine evidenz-orientierte schmerzmedizinische Versorgung unverzichtbar“, erklärt Prof. Claudia Sommer, Präsidentin der Deutschen Schmerzgesellschaft. Der von der Leitlinie empfohlene kritische Umgang mit Opioiden bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen sei wichtiges Leitbild der individuellen Therapieentscheidung in der Schmerzmedizin, unterstreicht Sommer. So habe die erste Version an Hand von eigenen Metaanalysen randomisierter kontrollierter Studien bereits auf die im Durchschnitt geringen Effekte von Opioiden auf chronische nicht-tumorbedingte Schmerzen hingewiesen - zehn Jahre bevor in den USA und Kanada evidenzbasierte nationale Leitlinien veröffentlicht wurden.

Differenzierung je nach Einsatzdauer und neue Indikationen

Die jetzt aktualisierte Leitlinie hat evidenz- und konsensusbasierte potentielle Indikatio­nen, aber auch Kontraindikationen für Opioide bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen definiert. Neu aufgenommen wurden evidenzbasierte Empfehlungen zum Restless-Legs-Syndrom und Parkinsonsyndrom sowie konsensbasierte Empfehlungen zur traumatischen Trigeminusneuropathie und chronischem Unterbauchschmerz der Frau bei ausgeprägten Verwachsungen und / oder multilokulärer Endometriose. Die Indikationen für eine Langzeitanwendung (> 4 Wochen) von Opioiden bei chronischen Rücken- und Arthroseschmerzen wurden indessen konsensusbasiert weiter eingeengt.

Darüber hinaus unterscheidet die aktualisierte Leitlinie in der Langzeitanwendung erstmals zwischen einem 4-12 wöchigen, einem 13-26 wöchigen und > 26 wöchigen Einsatz von Opioiden. Fehlt die Evidenz für eine länger als drei Monate andauernde Opioidtherapie, sollte die weitere Verwendung auf Therapieresponder beschränkt werden, heißt es in der überarbeiteten Fassung.

Neue Kriterien für Opioid-Missbrauch

In enger Absprache mit der S3-Leitlinie zur Medikamentenabhängigkeit der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde erarbeiteten die Autoren ebenfalls neue diagnostische Kriterien für den missbräuchlichen bzw. abhängigen Gebrauch von verschriebenen Opioiden. Weiterhin wurde auf die Notwendigkeit a priori definierter Therapieziele hingewiesen, es wurden Indikationen für den Abbruch einer Opioidtherapie benannt und Reduktions- bzw. Absetzversuche empfohlen.

In Deutschland erfolgen laut der Deutschen Schmerzgesellschaft rund 70 Prozent der Opioidverordnungen bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen. Bei etwa einem Prozent der deutschen Bevölkerung werden Opioide bei dieser Art Schmerzen langfristig, das heißt durch mindestens drei aufeinanderfolgende Verschreibungen im Jahr, verordnet.

Die Leitlinie ist in einer Lang-, Kurz-, Kitteltaschen- und einer Patientenversion erschienen.