Rückenschmerz: Individualisiertes Training plus Verhaltenstherapie sind am effektivsten
- Dr. Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Ein Bewegungstraining, das einzeln mit der Patientin oder mit dem Patienten erarbeitet wird, vermindert den Rückenschmerz deutlich besser als ein allgemeines Standardprogramm. Kommt zum individualisierten Training eine kognitive Verhaltenstherapie hinzu, lassen sich die Schmerzen noch effektiver lindern. Eine solche multimodale Behandlung führt mit Abstand zum besten Ergebnis (1).
Hintergrund
Chronische, also kontinuierliche oder immer wiederkehrende Rückenschmerzen sind in der erwachsenen Bevölkerung häufig. Einer repräsentativen Querschnittbefragung in Deutschland zufolge beträgt die Prävalenz bei Erwachsenen 15,5 % (2). Schmerzen des unteren Rückens sind dabei etwa doppelt so häufig wie Schmerzen des oberen Rückens. Bewegungsmangel, Fehlbelastung, Überbelastung, Dauerstress am Arbeitsplatz oder im privaten Bereich sind mögliche Ursachen. Zu den gängigen Behandlungsmethoden gehören Physiotherapie, Krafttraining und Stabilisationstraining. Doch welche Verfahren sind am effektivsten? Das war Fragestellung eines systematischen Reviews mit Metaanalyse internationaler Studien durch deutsche Sportmediziner und Orthopäden (1).
Design
- systematischer Review der international publizierten Studien mit Metanalyse
- eingeschlossene Untersuchungen: 58 zwischen 1999 und Anfang 2022 publizierte Studien mit insgesamt 10.084 Probanden
- Teilnehmerinnen und Teilnehmer: erwachsene Patienten mit chronischen lumbosakralen Schmerzen
- Interventionen: individualisiertes oder nicht individualisiertes Bewegungstraining mit oder ohne psychotherapeutische Behandlung, jeweils für mindestens 4 Wochen
Hauptergebnisse
- Eine personalisierte Behandlung führte zu einer deutlichen Steigerung der Effekte bei chronischen Rückenschmerzen im Vergleich zu Standard-Bewegungstherapien.
- Die Erfolgsquote bei der Schmerzlinderung plus Bewegungsfähigkeit lag nach 12 Wochen um 38 % höher als bei einer Standardbehandlung.
- Der Unterschied der individualisierten Behandlung zu Kontrollpersonen ohne aktives Bewegungstrainung betrug 77 %.
- Im Langzeitverlauf von 12 Monaten reduzierte sich der Vorteil einer personalisierten Betreuung gegenüber der Standardtherapie auf 11 %.
- Wurden der individualisierte Ansatz und eine kognitive Verhaltenstherapie miteinander kombiniert, lag die Erfolgsquote nach 12 Wochen unter den Aspekten „Schmerzlinderung“ und „Besserung der Bewegungsfähigkeit“ um 84 % über der der Standardbehandlung.
Klinische Bedeutung
„Die multimodale Therapie führt bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Rückenschmerzen mit Abstand zum besten Ergebnis“, folgern die Studienautoren. Durch den psychotherapeutischen Anteil würden vermutlich Bewegungsängste abgebaut und Methoden der Schmerzbewältigung erlernt. Und bei einer Individualisierung des Bewegungstrainings lasse sich gezielt auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse der Patienten eingehen.
Daraus ergebe sich "der dringende gesundheitspolitische Appell, multimodale Therapieansätze in der Versorgung und Vergütung zu stärken“, heißt es in einer Pressemitteilung zur Studie (3). Ein solcher Ansatz sei in der entsprechenden deutschen nationalen Versorgungsleitlinie auch angelegt (4). Damit ließen sich wiederholte Röntgenuntersuchungen, Operationen mit ungenauen Indikationen und die Einnahme von Schmerzmedikamenten verringern oder vermeiden.
Finanzierung: keine Angaben
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