RSV-Vakzine für Schwangere verhindert schwere Atemwegsinfekte bei Neugeborenen
- Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Eine bivalente Vakzine gegen Serotyp A und B des Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), die als Einmalinjektion zwischen der 24. und 36. Woche einer Schwangerschaft injiziert wird, schützt das Neugeborene mit einer Effektivität von 82 % vor einer schweren Virusinfektion in den ersten 90 Lebenstagen. Das belegt eine prospektiv randomisierte, placebokontrollierte Phase-3-Studie (N Engl J Med; DOI: 10.1056/NEJMoa2216480). Lokale Reaktionen an der Einstichstille in leichter oder moderater Ausprägung waren die häufigsten unerwünschten Effekte. Es gab keine Unterschiede in der Inzidenz klinisch relevanter Nebenwirkungen zwischen Impfstoff und Placebo, so dass der Impfstoff von den Studienautoren als sicher bewertet wird.
Hintergrund
Das RSV ist ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter und einer der bedeutendsten Verursacher von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen und Kleinkindern (1). In Saisonalität und Symptomatik ähneln RSV-Infektionen der Influenza. In einem Review von Studien mit stationär behandelten Kleinkindern ≤ 2 Jahre wurde geschätzt, dass ohne erhöhtes Basisrisiko 0,2 % der Infektionen in diesem Alter tödlich verlaufen, 1,2 % sind es bei Frühgeborenen, 4,1% bei Kindern mit bronchopulmonaler Dysplasie und 5,2 % der Fälle bei Kindern mit angeborenem Herzfehler. Diaplazentar übertragene Antikörper können das Neugeborene in den ersten Lebenswochen vor einer RSV-bedingten Erkrankung schützen. Der Nestschutz ist aber nach Spontaninfektionen der Frau häufig unvollständig. Um ihn zu verbessern, sind RSV-Vakzine für Schwangere in klinischer Entwicklung.
Design
- Studienform: internationale, prospektiv randomisierte, placebokontrollierte doppelblinde Phase-3-Studie für schwangere Frauen mit einem RSV-Impfstoff des Unternehmens Pfizer (2)
- Verwendeter Impfstoff: bivalente Vakzine gegen stabilisierte Präfusionskonformationen des Proteins F der RSV-Serotypen A und B
- Teilnehmerinnen: gesunde, schwangere Frauen im Alter bis 49 Jahre
- Randomisierung: im Verhältnis 1 : 1 in eine Gruppe, die zwischen der 24. und 36. Schwangerschaftswoche eine intramuskuläre, einmalige Injektion von 120 μg Impfstoffe erhielt, und eine zweite Gruppe mit Placeboinjektion
- Effektivitäts-Endpunkte: Schwere, RSV-verursachte Infektion der unteren Atemwege des Kindes im Zeitraum von 90 bis 180 Tagen nach der Geburt und RSV-Infektion jeglichen Schweregrads und Ursache in diesem Zeitraum
Hauptergebnisse
- 3.682 werdende Mütter wurden geimpft und 3.676 weitere erhielten Placebo.
- Eine ärztlich diagnostizierte schwere RSV-Infektion innerhalb von 90 Tagen trat bei 6 Kindern im Verumarm auf und bei 33 unter Placebo, das entsprach einer Vakzine-Effektivität von 81,8 %.
- Über den längeren Zeitraum bis zu 180 Tagen nach Geburt schützte die Vakzine zu 69,4 % vor schweren Infekten.
- Waren ärztlich diagnostizierte Infektionen jeglichen Schweregrads das Kriterium, betrug die protektive Effektivität noch 57,1 % und erreichte keine statistische Signifikanz mehr beim Unterschied zur Placebogruppe.
- Es gab keine wesentlichen Differenzen in den Inzidenzen systemischer unerwünschter Effekte zwischen Vakzine und Placebo, weder bei den Müttern, noch bei den Kindern.
- Am häufigsten waren vorübergehende Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Einstichstelle, also lokale Reaktionen.
Klinische Bedeutung
Die RSV-Impfung werdender Mütter könnte eine neue Option sein zum Schutz der Säuglinge vor schweren, RSV-verursachten Atemwegsinfektionen, heißt es im Kommentar (3).
Es werde allerdings nicht einfach sein zu entscheiden, ob eine aktive Immunisierung der schwangeren Frau Vorteile habe gegenüber einer schon verfügbaren passiven Impfung des Säuglinge mit langwirksamen monoklonalen Antikörperpräparaten wie Nirsevimab. Der Antikörper bindet an das F-Protein in der Präfusionskonformation. Die EMA hat für eine Prophylaxe von Kindern, die während einer RSV-Saison geboren werden, Anfang November letzten Jahren eine Zulassung für Nirsevimab erteilt (4).
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