RKI meldet ein Viertel weniger Infektionen von Hepatitis B und C in Deutschland

  • Andrea Hertlein
  • Medizinische Nachrichten
Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten. Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten.

Kernbotschaften

Die COVID-19-Pandemie hat die Bemühungen, Hepatitis B und C bis 2030 einzudämmen, weltweit zurückgeworfen. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldet für das Jahr 2020 allerdings knapp ein Viertel weniger HBV- und HCV-Infektionen als im Vorjahr. Das kann viele Gründe haben, wie das RKI im Epidemiologischen Bulletin 29/2021 anlässlich des Welt-Hepatitis-Tages am 28. Juli ausführt.

Für das Jahr 2020 wurden nach eigenen Angaben insgesamt 6.798 Hepatitis-B-Fälle an das RKI übermittelt, 24 Prozent weniger als im Vorjahr. Dies entsprach einer bundesweiten Inzidenz von 8,2 gemeldeten Infektionen pro 100.000 Einwohnern. Von den übermittelten Fällen waren 375 als akut (0,5 pro 100.000), 3.071 als chronisch (3,7 pro 100.000) und 3.352 als Stadium unbekannt (4,0 pro 100.000) gemeldet.

Ähnlich sieht die Bilanz für Hepatitis C aus: Mit insgesamt 4.542 übermittelten Fällen ist die HCV-Inzidenz (5,5 pro 100.000 Einwohnern) ebenfalls um 24 Prozent geringer als im Vorjahr. Wie auch in den Vorjahren lag die Inzidenz bei Männern deutlich höher als bei Frauen, was auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass Männer häufiger Drogen konsumieren als Frauen.

Gründe für den Rückgang der Infektionszahlen

Der beobachtete deutliche Rückgang der HBV- und HCV-Infektionen kann durch mehrere Faktoren beeinflusst worden sein, schreibt das RKI. Die COVID-19-Pandemie habe durch die Belastung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes auch erhebliche Auswirkungen auf die Erfassung, Meldung und Übermittlung von anderen meldepflichtigen Infektionskrankheiten. Der Rückgang der Fallzahlen bei Hepatitis B scheint nach Angaben der RKI-Wissenschaftler jedoch nicht alleine auf eine veränderte Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und weniger Meldungen zurückzugehen, sondern auch auf eine Reduktion der Übertragungen durch verändertes Kontaktverhalten. Grund für die Vermutung ist, dass der stärkste Rückgang beim akuten HBV-Stadium berechnet wurde.

Untererfassung der HCV-Neudiagnosen in Deutschland

Anders verhält es sich beim Rückgang der Hepatitis-C-Fallzahlen. Hier hat nach RKI-Analysen die COVID-19-Pandemie einen erheblichen Einfluss auf die Erfassung der Fallzahlen. So etwa konnten aufgrund des Lockdowns zwischen März und Mai 2020 nur ein Drittel der Sprechstunden in Leberambulanzen unverändert fortgesetzt werden und weniger neue Patienten mit chronischer HCV wurden in diesem Zeitraum in Zentren des Deutschen Hepatitis C-Registers behandelt, was zu einer Untererfassung der HCV-Neudiagnosen geführt haben kann, betont das RKI.

Des Weiteren könnten sich die Fallzahlen langsam normalisiert haben, so die RKI-Wissenschaftler. Die beobachtete Zunahme der Fallmeldungen in den Jahren 2018 und 2019 nach der Änderung der Meldepflicht 2017 könnte im Berichtsjahr 2020 nun nicht mehr ins Gewicht fallen.

Ein Teil des Abfalls könnte aber auch einem tatsächlichen Rückgang der Inzidenz durch effektive Hepatitis-C-Behandlungen und dadurch seltenerem Auftreten von Transmissionsereignissen entsprechen, räumen die Autoren des Bulletins ein. Eine Abnahme von Risikoverhalten wäre denkbar, indirekt bedingt durch die COVID-19-Maßnahmen, wie etwa durch weniger wechselnde Sexpartnerinnen und -partner während des Lockdowns. Gleichzeitig führten die COVID-19- Maßnahmen aber auch dazu, dass es für Menschen mit injizierendem Drogenkonsum schwieriger wurde, Drogen in geschütztem Rahmen zu konsumieren.

Ob es sich aber um einen tatsächlichen Abfall der Hepatitis-C-Neudiagnosen handelt oder ob dieser artifiziell durch Untererfassung und Rückgang der Diagnostik bedingt ist, lässt sich laut RKI erst im Laufe der nächsten Jahre bewerten.