Risiko Analverkehr: Plädoyer für bessere ärztliche Aufklärung junger Frauen
- Dr. med. Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Mediziner sollten junge Frauen besser über die möglichen gesundheitlichen Schäden durch Analverkehr informieren, fordern die britischen Chirurginnen Tabitha Gana (NHS: National Health Service) und Lesley Hunt (Sheffield Teaching Hospitals NHS Foundation Trust) in einem Editorial im „British Medical Journal“. Eine mangelnde Bereitschaft, über die möglichen Schäden von Analverkehr zu sprechen, lasse eine Generation junger Frauen im Stich, die sich der Risiken nicht bewusst seien, warnen Gana und Hunt.
Angeblich immer beliebter
Analverkehr wird nach Angaben der beiden Chirurginnen unter heterosexuellen Paaren immer häufiger praktiziert. Eine Untersuchung in Großbritannien (National Survey of Sexual Attitudes and Lifestyle) habe gezeigt, dass heterosexueller Analverkehr bei den 16- bis 24-Jährigen in den letzten Jahrzehnten von 12,5 % auf fast 29 Prozent gestiegen sei. Ähnliche Trends seien in den USA zu beobachten, wo 30 bis 44 Prozent der Männer und Frauen über Erfahrungen mit Analverkehr berichteten. Bis zu 25 Prozent der Frauen mit Analsex-Erfahrung gäben allerdings an, mindestens einmal dazu gedrängt worden zu sein.
Riskantes Sexualverhalten
Analverkehr gilt laut Gana und Hunt als riskantes Sexualverhalten, weil er mit Alkohol, Drogenkonsum und mehreren Sexualpartnern in Verbindung gebracht wird. Außerdem begünstigten das Fehlen von Vaginalsekreten, vermehrte traumatische Abschürfungen und die eher seltene Verwendung von Kondomen das Risiko von sexuell übertragbaren Krankheiten und Malignomen im Analbereich. Weitere mögliche Folgen seien lokale Schmerzen, Blutungen und Analfissuren. Bei Frauen, die Analverkehr hätten, sei außerdem eine erhöhte Rate an Stuhlinkontinenz und Verletzungen des Schließmuskels beobachtet worden. Besonders gefährdet dafür seien wahrscheinlich Frauen, die zum Analverkehr gezwungen würden.
In Kliniken für Urologie und Gynäkologie wird laut Gana und Hunt bei der Anamneseerhebung grundsätzlich nach Analverkehr gefragt, in der Allgemeinmedizin und in der Gastroenterologie sei dies weniger üblich. Möglicherweise scheuten Ärzte das Gespräch darüber, weil es ein Tabu-Thema sei.
Notwendig: seriöse Informationen
Auch die Patienten-Informationen des NHS in Großbritannien befassen sich den Chirurginnen zufolge nur mit sexuell übertragbaren Krankheiten und erwähnen weder anale Traumata noch Inkontinenz oder die psychologischen Folgen des Zwangs zum Analverkehr, von dem junge Frauen berichten. Gefüllt würden die Informationslücke von nicht-medizinischen oder pseudomedizinischen Webseiten, von denen einige möglicherweise den gesellschaftlichen Druck erhöhten, Analverkehr auszuprobieren. Seriöse Informationen seien daher dringend erforderlich, um Frauen, die Analverkehr wünschten, besser vor möglichen Schäden zu schützen, und diejenigen, die nur widerwillig zustimmten, zu befähigen, Nein zu sagen.
Angehörige der Gesundheitsberufe, insbesondere in den Bereichen Allgemeinmedizin, Gastroenterologie und kolorektale Chirurgie, haben laut Gana und Hunt die Pflicht, „die gesellschaftlichen Veränderungen in Bezug auf Analverkehr bei jungen Frauen anzuerkennen und diesen Veränderungen mit offenen und nicht wertenden Gesprächen zu begegnen“, um sicherzustellen, dass die Frauen über die Informationen verfügten, die sie für Entscheidungen benötigten.
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