Rheuma&Co.: Wie wichtig ist die Ernährung?

  • Nathalie Raffier
  • Medizinische Nachrichten
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Patienten mit chronisch entzündlichen-rheumatischen Erkrankungen (ERE) ändern regelmäßig ihre Ernährung. So führt beispielsweise 1 von 4 Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) eine Eliminationsdiät durch.

Dr. Claire Daien ist Rheumatologin am Regionalen Universitätskrankenhaus von Montpellier in Frankreich, und Professorin an der dortigen Universität. Auf dem jährlichen Konferenztag des Benjamin-Delessert-Instituts gab sie einen Überblick zur Ernährung in der Rheumatologie. Daien war auch Mitglied der multidisziplinären Arbeitsgruppe, die die ersten Ernährungsempfehlungen der Französischen Gesellschaft für Rheumatologie ("Société française de réumatologie", SFR) für Patienten mit chronischen EREs erarbeitet hat. Diese Empfehlungen wurden in einem im Jahr 2022 veröffentlichten Artikel vorgestellt.

Wunderdiäten?

In Frankreich leiden etwa 600.000 Menschen an einer der wichtigsten ERE-Krankheiten: RA, Spondyloarthritis (SpA) und Psoriasis-Arthritis (PsA). RA ist mit einer Prävalenz von 0,5% der Gesamtbevölkerung am häufigsten. Die Erkrankung betrifft vor allem Frauen; die höchste Inzidenz tritt in der Perimenopause auf. Die SpA, die bei 0,3 % der Allgemeinbevölkerung auftritt, betrifft meist Menschen unter 35 Jahren. Im Gegensatz zur RA ist diese Erkrankung häufiger bei Männern anzutreffen. Die am wenigsten verbreitete der drei Erkrankungen - mit einem Anteil von 0,1 % der Bevölkerung - ist die PsA. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen. Die Krankheit beginnt in der Regel zwischen 30 und 55 Jahren. Die Ernährungsempfehlungen des SFR beziehen sich in erster Linie auf diese drei chronischen EREs.

"Wir haben inzwischen über 15 krankheitsmodifizierende Medikamente zur Behandlung dieser Erkrankungen", so Daien. "Dennoch können einige Symptome - Gelenkschmerzen und -steifigkeit, Müdigkeit - trotz der Bemühungen, verschiedene Behandlungen auszuprobieren, fortbestehen. Und manchmal führen diese Behandlungen auch zu Nebenwirkungen."

"Da es sich um chronische Erkrankungen handelt, möchten die Patienten ihre Symptome außerdem oft selbst und 'natürlich' in den Griff bekommen und nicht nur auf Medikamente zurückgreifen", fuhr sie fort. "Daher konzentrieren sie sich häufig auf die Ernährung. Tatsächlich geben 25 % an, dass das, was sie essen, sich auf ihre Symptome auswirkt: Einige Lebensmittel lindern sie, andere verschlimmern sie. Daher suchen diese Menschen nach Möglichkeiten, ihre Symptome unter Kontrolle zu bringen. In der Regel versuchen sie es mit Ausschlussdiäten oder meiden bestimmte Lebensmittel. In einigen Fällen besteht die Gefahr, dass sie ihre Medikamente absetzen. In diesem Wettlauf um die Wunderdiät sind diejenigen, die Eliminationsdiäten oder Nahrungsergänzungsmittel anpreisen, nicht zu bremsen. Sie verbreiten falsche Hoffnungen und verschlimmern sogar einige Komorbiditäten wie Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die bei Patienten mit chronischen EREs ohnehin schon häufiger auftreten."

Ernährung und Immunität

Daien: "Siebzig Prozent der Immunzellen befinden sich im Darm. Deshalb ist die Qualität der Lebensmittel, die man isst, so wichtig. Lebensmittel können eine Rolle spielen, sei es direkt - aufgrund der Tatsache, dass die Rezeptoren für bestimmte Nährstoffe und Spurenelemente in einigen Immunzellen vorhanden sind - oder indirekt durch Modulation der Darmflora (intestinale Permeabilität, Exposition gegenüber Antigenen, bakterielle Metaboliten usw.) sowie des Energiestoffwechsels."

Die Dysbiose des Darmmikrobioms wird mit der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht, aber die Mechanismen, durch die die mikrobielle Dysbiose den Übergang von asymptomatischer Autoimmunität zu entzündlichen Erkrankungen beeinflusst, sind noch nicht vollständig beschrieben. In einem 2020 veröffentlichten Artikel identifizierten Wissenschaftler die Integrität der Darmbarriere als einen wichtigen Faktor bei der Umwandlung von Autoimmunität in Entzündung. Das Peptid der Zonulin-Familie (Zonulin), ein potenter Regulator der intestinalen Tight Junctions, wird bei autoimmunen Mäusen und Menschen stark exprimiert und kann zur Vorhersage des Übergangs von Autoimmunität zu entzündlicher Arthritis verwendet werden. Erhöhte Zonulinwerte im Serum gehen mit einer undichten Darmbarriere, Dysbiose und Entzündungen einher. Die Wiederherstellung der Darmbarriere in der Präphase der Arthritis mit Butyrat oder einem Cannabinoid-Typ-1-Rezeptor-Agonisten hemmt die Entwicklung der Arthritis. Darüber hinaus reduziert die Behandlung mit dem Zonulin-Antagonisten Larazotidacetat, der die Integrität der Darmbarriere spezifisch erhöht, wirksam den Ausbruch der Arthritis. Die in diesem Artikel vorgestellten Daten liefern einen präventiven Ansatz für den Ausbruch von Autoimmunerkrankungen, indem sie spezifisch auf die gestörte Funktion der intestinalen Barriere abzielen.

Ernährung nach der Diagnose

Die Wissenschaftler befragten 300 erwachsene Patienten, die an einer immunvermittelten entzündlichen Erkrankung ("immune-mediated inflammatory disease", IMID) litten, darunter RA, PsA, Spondylitis ankylosans, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Psoriasis. Nach der Diagnose änderten 44% ihre Essgewohnheiten. Von diesen Patienten nahmen 69% die Umstellung aus eigener Initiative vor (27% führten eine laktosefreie Diät ein, 18% eine glutenfreie Diät, 17% eine ausgewogene Diät, 13% eine zuckerarme Diät), und 13% taten dies auf Empfehlung einer medizinischen Fachkraft.

Von den Patienten, die ihre Ernährungsgewohnheiten nicht änderten, gaben 69% an, dass sie keine professionelle Ernährungsberatung erhalten hatten. Bei zwei Dritteln der Patienten (66%), die ihre Ernährung umgestellt hatten, trat eine Veränderung ein. In einigen Fällen waren die Folgen positiv - Gewichtsverlust (27%) und bessere körperliche Fitness (27%) - und in anderen negativ - erhöhte Müdigkeit (21%) und Schlafstörungen (15%).

In einer anderen Studie untersuchten Wissenschaftler eine Stichprobe von 217 RA-Patienten in einem RA-Register und fanden heraus, dass fast ein Viertel der Personen mit RA und langjähriger Erkrankung angab, dass Lebensmittel ihre RA-Symptome beeinflussen. Patienten, die über den Verzehr der in der Umfrage aufgeführten Lebensmittel berichteten, gaben an, dass einige von ihnen die RA-Symptome verschlimmerten (z. B. rotes Fleisch, zuckerhaltige Limonaden, Desserts) und andere die Symptome verbesserten (z. B. Fisch, Spinat, Erdbeeren). Darüber hinaus gaben 24,3% aller Teilnehmer an, Lebensmittel zu meiden (16,2% manchmal, 8,1% oft), weil sie ihre RA verschlimmern.

Dieser Artikel wurde aus der französischen Ausgabe von Medscape übersetzt.