Rezeptfreie Arzneimittel: Beratung durch den Hausarzt spielt zentrale Rolle
- Andrea Hertlein
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Wie gehen Hausarztpatienten in Deutschland mit rezeptfreien Arzneimitteln um? Die Beratung durch den Hausarzt bzw. Apotheker oder der Blick in die Packungsbeilage scheinen offenbar nicht für alle selbstverständlich zu sein. Das ergab eine „Wartezimmerbefragung“ vom Zentrum für Allgemeinmedizin und Geriatrie der Universitätsmedizin Mainz. Neben der Beratung durch Apotheker spiele vor allem der Hausarzt eine zentrale Rolle, so die Wissenschaftler.
Befragung von 300 Patienten in 20 hausärztlichen Praxen
Sowohl in Deutschland als auch in anderen westlichen Ländern haben rezeptfreie Medikamente einen hohen Stellenwert. Das gilt auch für die hausärztliche Versorgung. Entsprechend ist der Konsum dieser Over-the-counter-Arzneimitteln (OTC) seit Jahren angestiegen. Um sich ein Bild darüber zu machen, welche Einstellung Menschen zu OTC-Medikamenten haben und wie sie die freiverkäuflichen Präparate nutzen, haben Julian Wangler, Michael Jansk 300 Patienten in 20 hausärztlichen Praxen in Rheinland-Pfalz und im Saarland befragt. Der anonymisierte Fragebogen beinhaltete Fragen zum Einkaufs- und Konsumverhalten von rezeptfreien Arzneimitteln, zum Informationsverhalten sowie zur Internetnutzung.
Mehr Frauen als Männer kaufen OTC-Präparate
63 Prozent der Befragten gaben an, rezeptfreie Medikamente häufig oder gelegentlich zu konsumieren, 37 Prozent nahmen OTC-Präparate dagegen selten ein. Dabei werden die Arzneimittel am häufigsten in der Apotheke vor Ort gekauft und nur gelegentlich über das Internet, berichten die Wissenschaftler. Hierbei sei auffällig dass mit 40 Prozent in erster Linie Frauen zu den OTC-Präparaten greifen und Personen mit einem höheren Bildungsniveau häufiger freiverkäufliche Arzneien erwerben als Menschen mit einem geringeren Bildungsstandard.
Wer rezeptfreie Medikamente konsumiert, macht dies häufig, ohne sich im Vorfeld über das Präparat schlau zu machen. So gaben 45 Prozent der Befragten an, üblicherweise vor dem Kauf bzw. der Einnahme von OTC-Präparaten keinen Rat einzuholen oder sich mit Blick auf Wirkungen, Risiken und Nebenwirkungen zu informieren. Nur knapp mehr als die Hälfte (55 %) ließen sich laut Befragung durch den Hausarzt und/oder Apotheker beraten.
Erkältungsbeschwerden, grippale Symptomen oder Schmerzen im Fokus der Selbstbehandlung
Nach Meinung von mehr als 80 Prozent der Befragten sind OTC-Medikamente zur Behandlung von Erkältungsbeschwerden und grippalen Symptomen besonders gut geeignet, gefolgt von der Behandlung von Sonnenbränden, Insektenstichen, Verdauungsroblemen oder Kopfschmerz. Wie OTC-Präparate von den Käufern wahrgenommen werden, ist jedoch insgesamt etwas ambivalent. Zwar bezweifelt mehr als die Hälfte der Befragten, dass Rezeptfreiheit gleichbedeutend mit weniger Nebenwirkungen ist, allerdings bringen die Befragten diese Medikamentengruppe oft mit Bagatellerkrankungen, einer niedrigen Dosierung und einer schwachen Wirkung in Verbindung.
Zentrale Rolle des Hausarztes
Angesichts der leichten Verfügbarkeit rezeptfreier Medikamente und ihrer starken Präsenz in der Werbung könne dies über mögliche Nebenwirkungen hinwegtäuschen und die Anwendung der betreffenden Arzneimittel verharmlosen. Hier spiele neben der Beratung durch Apotheker gerade die vertrauensvolle, langjährige Begleitung durch den Hausarzt eine zentrale Rolle, lautet das Fazit der Wissenschaftler. Wichtig sei es daher, dass Hausärzte ihre Patienten regelmäßig auf deren Konsum rezeptfreier Arzneimittel ansprechen, Multimedikation bzw. Multimorbidität konsequent berücksichtigten und entsprechend passende OTC-Medikamente empfehlen.
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