Reizdarmsyndrom: Die deutsche S3-Leitlinie ist aktualisiert

  • AWMF-Leitlinie

  • von Dr. Nicola Siegmund-Schultze
  • Studien – kurz & knapp
Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten. Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten.

Kernbotschaften

Symptomunabhängige Maßnahmen werden beim Reizdarmsyndrom (RDS) mit spezifischen, symptomorientierten Therapien kombiniert. Zu den wichtigen, symptomunabhängigen Ansätzen gehört die Ernährung: „Obwohl der Einfluss der Ernährung auf die Entstehung eines RDS umstritten ist, zeigt in der Therapie die sogenannte Low-FODMAP-Diät für fast alle RDS-Typen eine gute Wirksamkeit“, so die Begründung. Die Empfehlungen zum Thema Ernährung seien deutlich erweitert.

Hintergrund
Zwischen 4 und 10 Prozent der Deutschen haben ein Reizdarmsyndrom. In der überarbeiteten S3-Leitlinie werden die inzwischen sehr zahlreichen  Behandlungsoptionen ergänzt und aktualisiert.

Design

  • Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und die Deutsche Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität e. V. (DGNM) haben in Zusammenarbeit mit 17 weiteren Fachgesellschaften die aktualisierte S3-Leitlinie „Reizdarmsyndrom“ veröffentlicht.
  • Erstellung und Aktualisierung erfolgten im Einklang mit dem AWMF-Regelwerk

Hauptergebnisse

  • Ein RDS liegt vor, wenn 3 Punkte erfüllt sind:
    • 1. chronische (> 3 Monate) oder rezidivierende Beschwerden wie Bauchschmerzen und Blähungen, die auf den Darm bezogen werden und in der Regel mit Stuhlgangsveränderungen einhergehen,
    • 2. Beschwerden begründen, dass der Patient sich sorgt und sind so stark, dass die Lebensqualität relevant beeinträchtigt wird, und
    • 3. keine für andere Krankheitsbilder charakteristischen Veränderungen, welche wahrscheinlich für die Symptome verantwortlich sind, darunter mechanische Obstruktion, Malignome, gynäkologische Erkrankungen und Infektionen.
  • Bei der Behandlung werden allgemeine, symptomunabhängige Maßnahmen mit spezifischen, symptomorientierten Therapien kombiniert.
  • Zu den wichtigen, symptomunabhängigen Ansätzen gehört die Ernährung. Die Low-FODMAP-Diät zeigt für fast alle RDS-Typen eine gute Wirksamkeit. Patienten verzichten hierbei für einen gewissen Zeitraum auf bestimmte Kohlenhydrate wie Fruktose, Laktose und Zuckeraustauschstoffe wie Sorbit.
  • Auch psychotherapeutische Verfahren helfen vielen Betroffenen.
  • Probiotika sind beim RDS nicht generell wirksam oder unwirksam, vielmehr unterscheidet sich ihr Effekt individuell von Patient zu Patient sowie je nach Bakterienstamm und Leitsymptom. Präbiotika werden nicht empfohlen.
  • Beim Symptom Diarrhöe (RDS-D) heißt es: Ernährungstherapeutische Intervention wie die Low-FODMAP-Diät oder Probiotika können sinnvoll sein, eventuell auch ein topisches Antibiotikum, Psychotherapien und einige komplementäre Verfahren.
    • Als medikamentöse Behandlungsform komme zum Beispiel Colestyramin infrage.
    • 5-HT 3-Antagonisten sollten nur in ausgewählten Einzelfällen bei anderweitig therapierefraktärem RDS-D zur Behandlung der Symptome ‚Diarrhoe’ und ‚Bauchschmerzen’ versucht werden. Das bedeute eine Herabstufung dieser Medikamente um einen Empfehlungsgrad im Vergleich zur früheren Leitlinie, da von den in Deutschland verfügbaren 5-HT 3-Antagonisten lediglich die Substanz Ondansetron in einer RDS-D Studie untersucht und als wirksam befunden worden sei. Kein in Deutschland verfügbarer 5-HT3-Antagonist sei für die Therapie RDS-D zugelassen (Off-Label-Therapie).
    • Eine Therapie mit löslichen Ballaststoffen sei möglich. Bei Akupunktur oder Moxibustion gebe es bei RDS-D einen positiven Effekt, der sich offenbar vor allem auf die Lebensqualität beziehe.
  • Beim Symptom Obstipation (RDS-O) heißt es: Es sollten Ballaststoffe angewendet werden, vor allem lösliche, außerdem Laxantien vom Macrogoltyp.
    • Die Darmlavage, homöopathische Anwendungen und Fußzonenreflexmassage lassen sich den Experten zufolge dagegen nicht empfehlen. Yoga sollte im Rahmen eines komplementären Behandlungskonzepts angeboten werden.

Klinische Bedeutung
Diagnose und Therapie des RDS sollten evidenzbasiert erfolgen, die Leitlinien geben eine praktische Orientierung. Eine Symptomdauer von > 2-3 Wochen, aber < 3 Monate rechtfertige noch nicht die Diagnose RDS, so die Experten. Dennoch gelten die Empfehlungen auch für diese Patienten, denn auch sie bedürften einer diagnostischen Abklärung und könnten therapeutisch nicht vertröstet werden.

Finanzierung: AWMF-Kriterien entsprechend