Randomisierte kontrollierte Studien in der Onkologie: Tummeln sich auch hier Spindoktoren?
- Dr. med. Thomas Kron
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Viele onkologische Studien, die für den Nachweis der Nicht-Unterlegenheit einer Therapie konzipiert wurden und nicht signifikante Ergebnisse hatten, werden einer systematischen Analyse zufolge verzerrt oder irreführend dargestellt. Eine Folge ist eine Fehlinterpretation der Ergebnisse, etwa in dem Sinne, dass die Wirksamkeit der neuen Therapie überschätzt wird. Besonders häufig wurde dies in Studien von nicht-gewinnorientierten Unternehmen oder Institutionen beobachtet.
Hintergrund
Randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) gelten als der Goldstandard für den Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit von Therapien. Solche Studien können für den Nachweis der Überlegenheit einer Therapie (oft im Vergleich zu Placebo) angelegt sein. In der Onkologie werden Studien allerdings oft auf den Nachweis der Nicht-Unterlegenheit angelegt, wofür es mehrere Gründe gibt. Bei der Präsentation oder Publikation solcher Studien ist aber besonders genau auf eine korrekte Darstellung zu achten. Die Autoren der aktuellen Publikation sind daher der Frage nachgegangen, ob dies immer den Fall ist oder ob irreführende Darstellungen häufig sind.
Design
Zwei Wissenschaftler wählten unabhängig voneinander anhand der Einschlusskriterien (randomisiert, auf Nicht-Unterlegenheit angelegt), Studien aus, die zwischen dem 1. Januar 2010 und dem 31. Dezember 2019 veröffentlicht wurden und deren Ergebnisse für die primären Endpunkte statistisch nicht signifikant waren. Der Hauptendpunkt war die Prävalenz von „Spin“ in den Publikationen. Spin wurde definiert als der Einsatz spezifischer Berichterstattungsstrategien mit dem Ziel, entweder hervorzuheben, dass die experimentelle Behandlung trotz fehlender Signifikanz vorteilhaft sei, oder um den Leser von den nicht signifikanten Ergebnissen abzulenken.
Hauptergebnisse
- Ausgewertet wurden 52 von 2752 Berichte, die bei der PubMed-Suche ermittelt wurden.
- Spin wurde in 39 Berichten (75,0 %; 95 % CI, 61,6 %-84,9 %) festgestellt, einschließlich der Zusammenfassung (34 Berichte [65,4 %; 95 % CI, 51,1 %-76,9 %]) und des Haupttextes (38 Berichte [73,1 %; 95 % CI, 59,7 %-83,3 %]).
- Die univariate Analyse ergab, dass die Spin-Prävalenz in Publikationen mit Datenmanagern, in Studien ohne Finanzierung durch gewinnorientierte Institutionen und in Publikationen über neuartige experimentelle Behandlungen am größten war. h
- Die multivariable Analyse ergab, dass neuartige experimentelle Behandlungen (OR, 4,64; 95 % CI, 0,98-22,02) und die Finanzierung nur aus Non-Profit-Organisationen oder Quellen mit Spin assoziiert waren (OR, 5,20; 95 % CI, 1,21-22,29).
Klinische Bedeutung
Die klinische Bedeutung der Analyse besteht darin, dass solche Studien zu Fehlinterpretationen und Fehlentscheidungen von Arzneimittelbehörden, Kostenträgern und Wissenschaftlern sowie Ärzten führen können, wodurch die Qualität der Versorgung von Krebs-Patienten beeinträchtigt werden kann. Die aktuelle Studie bestätigt frühere Studien mit ähnlichen Resultaten.
Die Ergebnisse der systematischen Analyse unterstreichen die Notwendigkeit, als Autor, Redakteur oder wissenschaftlicher Gutachter potenzielle Falschdarstellungen in einem Manuskript vor der Veröffentlichung zu überprüfen, und dies sollte nicht nur bei hochrangigen Fachzeitschriften der Fall sein, heißt es in einem begleitenden Kommentar.
Finanzierung: keine Angaben
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