Psychosen: Systematische Suche nach Einflussfaktoren liefert neue Kandidaten
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Durch kombinierte Suche nach Persönlichkeitsfaktoren und genetischen Merkmalen bei Personen mit psychotischen Erfahrungen konnten mehrere bekannte Assoziationen bestätigt, aber auch neue identifiziert werden. Die Kombination aus Exposom-weiter Analyse und Mendelscher Randomisierung verspricht auch bei anderen Krankheiten und Störungen neue Erkenntnisse.
Hintergrund
Auf der Suche nach den Faktoren, die mit Psychosen assoziiert sind, konnten durch 1:1-Vergleiche zwar mehrere Entdeckungen gemacht werden. Da die Genese aber in den meisten Fällen multifaktoriell sein dürfte, haben die Forscher der aktuellen Arbeit eine systematische Strategie verfolgt. Statt lediglich mit einer agnostischen Genom-weiten Suche nach involvierten Erbfaktoren zu suchen, wie manche Vorgänger, haben sie die Informationen in der UK Biobank genutzt, um nicht-genetische Korrelate psychotischer Erfahrungen zu identifizieren.
Design
Kohortenstudie mit den Daten von 155247 Teilnehmern der UK Biobank Mental Health-Umfrage (Durchschnittsalter 55,95 Jahre, 57 % weiblich). Ziel war es zunächst, bei der Hälfte der Teilnehmer Variablen zu entdecken, die mit psychotischen Erfahrungen einhergingen, und diesen „Discovery Set“, dann mit der zweiten Hälfte der Probanden zu replizieren (Replication Data Set). Die gefunden Variablen wurden dann mehreren weiteren Analysen unterworfen, um den genetischen Beitrag abzuschätzen und mittels „Mendelscher Randomisierung“ auf potenzielle Kausalität zu prüfen.
Ergebnisse
- Ausgehend von 247 Einflussgrößen, die Umweltfaktoren, Lebensstil, Verhalten und ökonomische Charakteristika beschreiben, wurden im ersten Teil der Studie 162 Variablen (66 %) identifiziert, die mit psychotischen Erfahrungen assoziiert waren. Davon wurden 148 (91 %) repliziert.
- Die multivariable Analyse engte die Zahl der Kandidaten auf 36 Variablen ein, von denen 28 signifikant mit genetischen Faktoren überlappten.
- Zu den Faktoren, die einer psychotischen Erfahrung vorangegangen waren, gehörten die Erfahrung sexuellen Missbrauchs und pleiotropisch bedingte riskante Verhaltensweisen. Reverse Assoziationen wurden festgestellt mit einer Opferrolle bei Gewaltverbrechen, dem Gebrauch von Cannabis und einem unverhältnismäßig langen Gefühl der Scham nach erlebten Peinlichkeiten.
Klinische Bedeutung
Im Vergleich zu anderen systematischen Vorgehensweisen zur Identifikation von Faktoren, die mit psychotischem Verhalten assoziiert sind, hat die hier präsentierte Strategie die Wissensbasis erweitert. Eine derartige „Triangulation der Evidenz“ könnte auch bei anderen multifaktoriellen Erkrankungen vielversprechend sein.
Finanzierung: Forschungsgelder an einzelne Wissenschaftler durch Universität Maastricht, Ophelia Forschungsprojekt, Niederländische Wissenschaftsorganisation.
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