Psychiatrische Neudiagnosen nach COVID-19 nicht häufiger als bei anderen Atemwegsinfektionen
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
In der ersten landesweite Studie zum Risiko, nach einer COVID-19-Infektion an einer psychischen Störung neu zu erkranken, hatten sowohl positiv als auch negativ getestete Personen ein signifikant höheres Risiko als Ungetestete (HR 1,24 bzw. 1,42). Der Unterschied zwischen positiv und negativ getesteten Personen war dagegen nicht signifikant. Patienten, die mit COVID-19 in die Klinik mussten – aber auch solche mit anderen Atemwegsinfektionen - hatten anschließend ein ca. 2,5-fach erhöhtes Risiko, neu mit einer psychiatrischen Erkrankung diagnostiziert zu werden.
Hintergrund
Die Folgen der COVID-19-Pandemie für die psychische Gesundheit sind von großem Interesse. Studien auf Länderebene gibt es dazu bisher aber nicht.
Design
Landesweite Kohortenstudie in Dänemark auf der Basis der dortigen vollständigen medizinischen Register mit dem Ziel, das Risiko psychischer Erkrankungen und den Gebrauch psychotroper Medikamente bei Individuen mit COVID-19 zu bestimmen. Datengrundlage waren 4.152.792 Erwachsene, die zwischen 1. Januar und 1. März 2020 in Dänemark lebten (mit Ausnahme von 616.546 Individuen mit einer Vorgeschichte psychischer Erkrankungen), und die bis zum 31. Dezember 2021 nachverfolgt wurden. Gegenübergestellt wurde das Ergebnis der Testung mittels PCR auf SARS-CoV-2 während des Studienzeitraumes (ungetestet, negativ oder positiv) und gegebenenfalls Hospitalisierung wegen COVID-19 (jeweils mit Datum), sowie das Risko für eine Neudiagnose mit einer psychischen Erkrankung (ICD-10 F00 – F99) und eingelösten Rezepten für psychotrope Arzneien.
Ergebnisse
- Ein positives Testergebnis hatten 526.749 Personen (50,2 % Männer, Durchschnittsalter 41,18 Jahre). Negativ getestet wurden 3.124.933 Individuen (50,6 % Frauen, Durchschnittsalter 49,36 Jahre), und ohne Test waren 501.110 Personen (54,6 % Männer, Durchschnitt 60,71 Jahre).
- Das Risiko für psychische Störungen war im Vergleich zu niemals getesteten Personen sowohl für positiv Getestete erhöht (Chancenverhältnisrate HRR 1,24; 95%-Konfidenzintervall 1,17 – 1,31), als auch für negativ Getestete (HRR 1,42; 95%-KI 1,38 – 1,46).
- Positiv Getestete in der Altersgruppe von 18 bis 29 Jahren hatten im Vergleich zu Individuen mit negativen Testresultaten ein niedrigeres Risiko für psychiatrische Neuerkrankungen (HRR 0,75; 95%-KI 0,69 – 0,81), bei Personen ab 70 Jahren war das Risiko dagegen erhöht (HRR 1,25; 95%-KI 1,05 – 1,50). Das gleiche Muster zeigte sich beim Gebrauch psychotroper Medikamente (HRR 0,81 für Jüngere und HRR 1,57 für Ältere).
- Unter den hospitalisierten Patienten mit COVID-19 war das Risiko der Neudiagnose einer psychischen Erkrankung gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöht (HRR 2,54; 95%-KI 2,06 – 3,14). Im Vergleich zu Menschen, die wegen anderen Atemwegsinfektionen ins Krankenhaus mussten, war das Risiko aber nicht signifikant anders (HRR 1,03; 95%-KI 0,82 – 1,29).
Klinische Bedeutung
Obwohl häufig postuliert wird, dass Menschen nach einer SARS-CoV-2-Infektion ein erhöhtes Risiko hätten, neu an einer psychiatrischen Störung zu erkranken, war dies in Dänemark nicht der Fall – mit Ausnahme von Personen ab 70 Jahren.
Finanzierung: Mental Health Services of the Capital Region of Denmark, Lundbeck Foundation, Novo Nordisk Foundation.
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise