Pruritus bei Opioid-Therapie: Wie lindern?
- Dr. med. Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Opioide können einen quälenden Pruritus verursachen, der mehrere Tage andauern kann. Der Anästhesist und Allgemeinmediziner Norbert Schürmann sowie die Psychoonkologin Kerstin Zimmer vom Zentrum für Schmerz- und Palliativmedizin St. Josef Krankenhaus in Moers erläutern in einem aktuellen Zeitschriftenbeitrag, welche Therapieoptionen und supportive Maßnahmen es gibt, um das Jucken zu lindern.
Wie häufig opioidinduzierter Pruritus ist, hängt vor allem von der Applikationsweise ab. In der Schmerzmedizin werde ein opioidinduzierter Pruritus in der parenteralen intravenösen Anwendung bei bis zu 85 % der Patienten beobachtet, berichten Schürmann und Zimmer; bei der oralen Opioidtherapie liege die Pruritusrate hingegen nur bei 1–5 Prozent. Besonders häufig zu Pruritus führe die im Klinikalltag gängige neuroaxiale Applikation (epidurale und intrathekale Gabe); die Inzidenz betrage ebenfalls bis zu mehr als 80 Prozent - je nach Dosis und Lipophilie des Opioids.
Unterschiede gibt es auch bei Beginn und Dauer des Pruritus; sie hängen den Autoren zuolge davon ab, ob es sich um ein hydrophiles und lipophiles Opioid handelt. Bei Patienten, die Morphin (hydrophil) erhielten, trete der Pruritus innerhalb von Stunden auf und halte bis zu mehreren Tagen an. Bei lipidlöslichen Opioiden wie Fentanyl und Sufentanil könne das Jucken bereits wenige Minuten nach der Applikation beginnen und bis zu mehreren Stunden anhalten.
Tipps zur Vorbeugung und Therapie
Viele Patienten sind sich, wie Schürmann und Zimmer weiter erläutern, nicht bewusst, dass Pruritus als Symptom einer Erkrankung oder Nebenwirkung mancher Medikamente auftreten könne. Sie hätten unter Umständen die Befürchtung, dass der Pruritus mit mangelnder Körperhygiene in Verbindung gebracht werde, und schämten sich deshalb, darüber zu reden.
Supportiv könne hier die Aromapflege sein, um das Wohlbefinden der Patienten zu stärken - etwa durch Hydrolate zur Hautbefeuchtung wie Rosen- oder Pfefferminzhydrolat, die ausgleichend und kühlend wirkten. Für die Anwendung als Waschung habe sich eine Mischung aus Jojobaöl mit einem Zusatz ätherischer Öle von Benzoe, Rose, Vetiver, Weihrauch und Zeder bewährt. Dazu würden zwei Esslöffel der Mischung mit einem Emulgator (etwa Sahne) vermischt und dem Wasser hinzugefügt. Außer den genannten ätherischen Ölen würden auch Lavendel fein, Sandelholz, Zistrose, Teebaum, Rosengeranie, Melisse und Vetiver aufgrund ihrer hautpflegenden, antihistaminischen oder haut- beruhigenden Wirkung gerne verwendet. Gerade bei älteren Menschen, die häufig unter trockener Haut litten, sei auf eine gute Hautpflege zu achten, betonen Schürmann und Zimmer.
Medikamentöse Therapie-Optionen
Antihistaminika haben nach weiteren Angaben der Autoren bei der Behandlung Von Patienten mit neuroaxialem opioidinduziertem Pruritus wahrscheinlich keine Bedeutung; sie könnten aber eine Schlüsselrolle bei subkutanem, oralem und intravenösem morphininduziertem Pruritus spielen.
μ-Opioid-Rezeptor-Antagonisten: Zu den wirksamsten Therapieoptionen bei opioidinduziertem Pruritus gehörten bislang Wirkstoffe, die den μ-Opioidrezeptor antagonisierten wie Naloxon und Naltrexon. Niedrig dosiertes Naloxon (0,25–2 μg/kg/h) solle den Pruritus deutlich senken, alledings bei gleichzeitiger Reduktion der analgetischen Wirkung.
Gemischte Opioidrezeptor-Agonisten: Alternativ seien gemischte Opioidrezeptor-Agonisten wie Nalbuphin wirksame Substanzen beim neuroaxialen Juckreiz. Sie könnten, im Vergleich zu selektiven μ-Opioidrezeptor- Antagonisten, den Juckreiz kontrollieren, ohne die Analgesie wesentlich zu verringern. Nalbuphin wirke zwar sedierend, allerdings nur bei hohen Dosen (10 mg/70 kg), die weit über den therapeutischen Bereich hinausgingen.
Antikonvulsiva: Als wirksam bei Pruritus von Patienten mit systemischen Erkrankungen habe sich Gabapentin erwiesen, heißt es in dem Beitrag weiter. Der Einsatz des Antikonvulsivum bei neuroaxialem, opioidinduziertem Juckreiz sei weniger klar. Werde Gabapentin in einer Tagesdosis von 1200 mg oral eingenommen, sei das Auftreten von intrathekalem morphininduziertem Pruritus signifikant verzögert; zudem nähmen Häufigkeit und Schwere des Pruritus ab.
Dopamin-D2-Rezeptor-Antagonisten: Eine wirksame Medikation bei Pruritus durch neuroaxiale Opioide sei Droperidol (1,25 mg i.v.); der kurz wirksame Dopaminrezeptor-Antagonist senke Häufigkeit des Pruritus und reduziere auch dessen Schwere. Zu beachten sei die milde bis starke Sedierung, was den Einsatz dieser Substanzen im ambulanten Bereich deutlich reduziere und nur in Ausnahmefällen wirklich zu empfehlen sei.
Cannabinoide: Cannabidiol (CBD) wirke antientzündlich und könne den Juckreiz vermindern, indem es auf die in den Hautnerven befindlichen CB1- und CB2-Rezeptoren wirke, die die Erregung und den histaminvermittelten Juckreiz verringerten. In einer randomisierten kontrollierten Studie wurde nach Angaben der Autoren Patienten durch eine Iontophorese Histamin transferiert. Anschließend sei ein synthetisches CBD-Pflaster appliziert worden. Der experimentell induzierte Juckreiz sei durch die periphere Gabe von synthetisch hergestelltem CBD signifikant reduziert worden. Dieser Versuch habe die mögliche Wirksamkeit von CBD auch als antientzündliche und den Pruritus stillende Verbindung sowie den gerechtfertigten Einsatz bei opioidinduziertem histaminergem Juckreiz belegt.
Opioidrotation: Eine weitere Therapie-Option ist die Opioidrotation auf Tapentadol. Das Analgetikum der WHO Stufe III habe aufgrund eine potenziell gute analgetische Wirkung, wobei der niedrige Opioidanteil der Substanz zu deutlich weniger opioidinduzierten Nebenwirkungen wie Obstipation und Juckreiz führe. Zudem seien schwerwiegende Nebenwirkungen wie intensive Sedierungen seltener.
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