Phenylketonurie: Gentechniker testen neuen Ansatz gegen die Stoffwechselkrankheit

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

In präklinischen Experimenten haben Forscher einen neuen Ansatz gegen die Phenylketonurie (PKU) erprobt. Sie konstruierten Bakterien, die im Darm von Mäusen und Affen Phenylalanin verstoffwechseln können, was zu reduzierten Blutspiegeln führte und die Grundlage für eine klinische Studie bildet.

Hintergrund

Die Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie (PKU) kann unbehandelt zu geistiger Behinderung führen. Ursächlich ist in 98 % aller Fälle ein angeborener Mangel des Enzyms (Phenylalanin-Hydroxylase), welches die Aminosäure Phenylalanin zu Tyrosin abbaut. Dadurch reichert sich das neurotoxische Phenylalanin im Blut an und schädigt das Gehirn. Eine Testung auf PKU ist Bestandteil der Neugeborenen-Basisuntersuchung U2, wo die Krankheit etwa bei jedem 7000sten Baby festgestellt wird. Als Alternative zur Behandlung der PKU mittels einer strengen protein-armen Ernährung hat man hier ein Bakterium konstruiert, welches die Phenylalanin-Konzentration im Darm reduzieren soll.

Design

An Darmbakterien des Stammes Escherichia coli Nissle wurden mehrere gentechnische Veränderungen vorgenommen, so dass die Mikroben unter den sauerstoffarmen Bedingungen im Darm Phenylalanin-metabolisierende Enzyme herstellen. Die Bakterien wurden im Mausmodell und an einer Primaten-Art (Javaneraffen) getestet.

Hauptergebnisse

  • Die rekombinanten Coli-Bakterien des Stammes SYNB1618 wurden Mäusen inokuliert, die wegen eines Gendefekts keine Phenylalanin-Dehydroxylase herstellen konnten und deshalb als Modell für die menschliche PKU dienen. Die Konzentration des Phenylalanins im Serum sank daraufhin um durchschnittlich 38 %.
  • Als zweites Modell dienten gesunde Javaneraffen. Dort verhinderte SYNB1618 den Anstieg des Phenylalanin-Serumspiegels, nachdem den Tieren diese Aminosäure verfüttert worden war.
  • In beiden Tiermodellen wurde Phenylalanin quantitativ verstoffwechselt und mit dem Urin als Hippursäure ausgeschieden.
  • Eine Studie der Phase 1/2a mit bis zu 4 PKU-Kranken und bis zu 24 gesunden Probanden ist angelaufen.

Klinische Bedeutung

Die Behandlung einer PKU ist nicht nur mit einer protein-armen Diät möglich, sondern auch pharmakologisch durch den Phenylalaninhydroxylase-Inhibitor Sapropterin oder mittels Injektionen von Pegvaliase, einem Phenylalanin-abbauenden Enzym. Außerdem laufen bei mindestens 3 Firmen präklinische Experimente mit dem Ziel, eine Gentherapie gegen die PKU zu entwickeln. Das Einbringen genmanipulierter Darmbakterien gegen die PKU und möglicherweise auch gegen andere Stoffwechselerkrankungen könnte eine neue Strategie sein, deren Für und Wider im Vergleich zu den anderen Ansätzen derzeit aber noch kaum abzuschätzen ist.

Finanzierung: Synlogic