Pathologie bei Alzheimer-Krankheit passt nicht zu klinischen Trends

  • Sue Hughes
  • Medizinische Nachrichten
Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten. Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten.

Jüngste Studien deuten zwar auf einen Rückgang der Demenz-Inzidenz in den Vereinigten Staaten hin, doch scheint es keinen entsprechenden Rückgang der neurodegenerativen pathologischen Veränderungen gegeben zu haben, wie eine neue Studie zeigt.

Die Forscher sagen, ihre Ergebnisse hätten "wichtige Auswirkungen auf das Verständnis von Demenz" und legten nahe, dass "jegliche Verbesserungen der klinischen Alzheimer-Demenz im Laufe der Zeit wahrscheinlich mit einer verbesserten Resilienz" gegenüber den pathologischen morphologischen Veränderungen verbunden seien. Die Studie wurde am 20. Februar online im Fachblatt "JAMA Neurology "veröffentlicht.

Hauptautorin Francine Grodstein vom Rush Alzheimer's Disease Center in Chicago, Illinois, erklärte, dass die Resilienz gegenüber der Alzheimer-Pathologie dadurch gekennzeichnet sei, dass Personen keine klinischen Demenz-Symptome hätten, obwohl es signifikante pathologische Veränderungen gebe, die erwartungsgemäß mit solchen Symptomen einhergingen. "Wir glauben, dass bestimmte Faktoren diese Resilienz gegenüber der Entwicklung von Demenz begünstigen können, wobei einer der wichtigsten die Bildung ist - die Idee von 'use it or lose it'. Aber die Resilienz könnte auch durch andere psychologische, biologische oder verhaltensbezogene Faktoren wie Angst beeinflusst werden", fügte sie hinzu.

"Unsere Forschungsergebnisse lassen nicht vermuten, dass Veränderungen in der Pathologie die Veränderungen in der klinischen Demenz vollständig erklären, und weitere Forschung zum besseren Verständnis der Resilienz gegenüber der Pathologie ist wirklich wichtig", sagte Grodstein. Und: "Die Ergebnisse unterstützen sicherlich die wachsende Wertschätzung für das Verständnis der kognitiven Resilienz als Präventionsstrategie gegen Demenz."

Verringerung der zerebrovaskulären Pathologie

Die Studie ergab auch, dass sich zwar die meisten Alzheimer-Pathologien im Laufe der Zeit scheinbar nicht verändern, dass aber ein deutlicher Rückgang der zerebrovaskulären Atherosklerose-Pathologie zu verzeichnen war.

"Der Rückgang der zerebrovaskulären Pathologie ist sehr ermutigend und zeigt, dass wir die Bemühungen der öffentlichen Gesundheit und der Medizin zur Verringerung von Schlaganfällen und Schlaganfall-Risikofaktoren wie Diabetes, Fettleibigkeit und Bluthochdruck weiter verstärken müssen", erklärte Grodstein. "Wir vermuten jedoch, dass dies den Trend nicht vollständig erklärt und dass die kognitive Resilienz ebenfalls eine Rolle spielen könnte".

"In letzter Zeit gab es viel Interesse an dem Versuch, die Pathologie der Alzheimer-Krankheit zu verändern; zumindest bisher war man damit nicht sehr erfolgreich. Parallel dazu gibt es auch ein großes Interesse an der kognitiven Resilienz. Wenn wir die Pathologie nicht ändern können, können wir vielleicht herausfinden, wie wir die Resilienz gegenüber dieser Pathologie ändern können.“

In der Studie erklären die Autoren, dass in den letzten Jahren mehrere Studien auf einen möglichen Inzidenz-Rückgang von Demenz-Erkrankungen in den USA hingewiesen haben, aber die Daten sind nicht ganz einheitlich.

Studien zur Häufigkeit von Demenz-Erkrankungen können jedoch keine eindeutigen Mechanismen aufzeigen, durch die sich die Erkrankungsraten verändern, und um Strategien zur Risikominderung zu ermitteln, ist die Charakterisierung der Mechanismen unerlässlich, so die Autoren.

"Die Auswertung von Trends in der Neuropathologie gibt Aufschluss über Veränderungen in den mit der Demenz zusammenhängenden Signalwegen. Da die neuropathologische Änderungen in alternden Gehirnen (mit und ohne Demenz) allgegenwärtig sind, kann die Untersuchung von Trends in der Neuropathologie ein breiteres Spektrum von Krankheitszuständen widerspiegeln, als dies bei der Konzentration auf die klinische Demenz der Fall ist", so die Autoren.  

Die Forscher verwendeten Daten von Personen verwendeten, die sich bereit erklärt hatten, während ihres gesamten Lebens und auch nach der Autopsie nachbeobachtet zu werden, was einzigartige Daten über die zerebrale Pathologie im Laufe der Zeit ergab.

Für die aktuelle Studie untersuchten die Forscher neuropathologische Trends in den beiden US-Kohorten, wobei sie Autopsiedaten aus den Jahren 1997 bis 2022 mit einem Follow-up von bis zu 27 Jahren verwendeten. Konkret suchten sie nach neuropathologischen Unterschieden bei 1554 Personen mit Geburtsjahren in vier verschiedenen Zeiträumen: 1905-1914; 1915-1919; 1920-1924; und 1925-1930.

Die Ergebnisse zeigten, dass zwischen den Gruppen keine Unterschiede in der Prävalenz der pathologischen Alzheimer-Diagnose oder der globalen Alzheimer-Pathologie gefunden wurden.

Im Gegensatz dazu waren die zerebrale Gefäßveränderungen im Laufe der Zeit dramatisch niedriger; beispielsweise lag die altersstandardisierte Prävalenz der mäßigen bis schweren Atherosklerose zwischen 54 % bei den zwischen 1905 und 1914 Geborenen und 22 % bei den 1925 bis 1930 Geborenen.

"Wir haben verschiedene neurogenerative Pathologien untersucht und keine Hinweise darauf gefunden, dass sie im Laufe der Zeit abgenommen haben. Dies ist eine wirklich wichtige Information und deutet darauf hin, dass Veränderungen in der Pathologie nicht der Grund für eine mögliche Veränderung der klinischen Krankheit sind", so Grodstein. "Die Schlussfolgerung daraus ist, dass es zwar eine Pathologie gibt, aber auch eine zunehmende Resilienz gegenüber der Pathologie."

"Da neurodegenerative Pathologien die stärksten pathologischen Determinanten der Kognition und der klinischen Demenz zu sein scheinen", schreiben die Forscher, "ist jeder mögliche Rückgang der Demenz im Laufe der Zeit, einschließlich der von uns gefundenen besseren kognitiven Funktion und des geringen (wenn auch nicht signifikanten) Rückgangs der klinischen Alzheimer-Demenz, wahrscheinlich durch nicht-degenerative Mechanismen zu erklären.

"So ist zum Beispiel eine erhöhte Resilienz gegenüber der Neuropathologie im Laufe der Zeit plausibel. In der Tat haben mehrere Kohorten berichtet, dass die Kontrolle der Bildung, ein Marker für kognitive Resilienz, offensichtliche zeitliche Trends in der Demenz-Inzidenz abschwächt, was darauf hindeutet, dass Veränderungen in der kognitiven Resilienz ein wirksamer Weg zur Verringerung von Demenz sein können", so die Autoren.

Den in der Studie beobachteten Rückgang der zerebrovaskulären Erkrankungen erklären die Forscher so: "Dies spiegelt wahrscheinlich den gleichzeitigen Rückgang der klinischen vaskulären Morbidität und Mortalität wider, der etwa Mitte der 1900er Jahre begann."

Diese Forschung wurde vom National Institute on Aging unterstützt. 

Der Artikel ist im Original erschienen auf medscape.com. Er ist von Dr. Petra Kittner ins deutsche übersetzt worden. 


 

https://www.medscape.com/viewarticle/988702

 

 

Übersetzt hat ihn Dr. Petra Kittner.