Original-Präparate nicht so anfällig für Lieferengpässe wie Generika

  • Bettina Martini
  • Medizinische Nachrichten
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Einer aktuellen Studie zufolge macht der Wettbewerb unter vielen Generika-Produzenten die Arzneimittel-Lieferketten anfälliger für Probleme, die dann zu Lieferengpässen führen. Der Wettbewerb sorge also nicht etwa für ein verteiltes Risiko und mehr Verlässlichkeit, so die Studienautoren Prof. Dr. Kai Hoberg (Kühne Logistics University), Prof. Dr. David Francas (Hochschule Worms) und Stephan Mohr (Frankfurt School of Finance and Management).

Mit ihrer Studie „On the Drivers of Drug Shortages: Empirical Evidence from Germany“ wollten die Wissenschaftler die Engpass-Situationen bei Arzneien in Deutschland – dem viertgrößten Pharmamarkt nach den USA, China und Japan – ergründen. 

Dafür griffen sie auf Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte aus dem Zeitraum von 2017 bis 2019 zurück (bewusst ohne die Pandemiejahre als Sondereinfluss). Damit und mit weiteren Quellen wie Abverkaufs- und Daten zur Patentsituation und zu Reportingpflichten in Deutschland erstellten sie ein statistisches Modell, um Häufungspunkte identifizieren zu können. Patentierte Produkte, die nur von einem Hersteller angefertigt werden, sind demnach seltener von Engpässen betroffen als Arzneimittel, die den Patentschutz verloren haben und als Generika von vielen Anbietern hergestellt werden. „Sobald eine Konkurrenzsituation herrscht, sind einzelne Unternehmen zu stärkerer Effizienz gezwungen. Bereits kleine Störungen führen dann schneller zu Engpässen, weil weniger Kapazitäten und Bestände als Reserve existieren“, erklärt Hoberg dieses Ergebnis.

Eine weitere Erkenntnis : Die Anfälligkeit für Lieferschwierigkeiten korreliert mit der Darreichungsform der jeweiligen Arzneimittel, da einzelne Applikationsmethoden aufwändiger und damit anfälliger sind. Konkret erwies sich der Produktionsprozess von gespritzten Medikamenten am komplexesten. Entsprechend ist hier die Gefahr für Verunreinigungen oder andere Störungen, die zu Engpässen führen können, höher. Ebenfalls sind Arzneimittel anfällig, deren Nachfrage variabel ist.

Weiterhin wurde analysiert, wann Pharmaunternehmen, die hierzulande verpflichtet sind, Engpässe bei kritischen Medikamenten dem BfArM zu melden, tatsächlich ihrer Pflicht nachgehen. Überraschenderweise wurden Engpässe oft erst sechs bis acht Wochen gemeldet, nachdem der Markt den Engpass bereits erreicht hat.

Laut einer Mitteilung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft ist das Mitomycin-haltige Arzneimittel Mitem® 20 mg Pulver zur Herstellung einer Injektions- bzw. Infusionslösung oder Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Lösung wieder zur intravenösen Gabe freigegeben. Die Anwendungsbeschränkung erfolgte im September 2021 (vgl. Rote-Hand-Brief vom 16. September 2021) aufgrund eines möglichen Arzneimittelrisikos durch herstellungsbedingte Spezifikationsabweichungen. Die Ursache dafür ist mittlerweile ausgeräumt. Die Anwendungseinschränkung für Mitomycin-haltige Arzneimittel der Firma medac GmbH (vgl. Rote-Hand-Brief vom 1. November 2021), nach der eine intravenöse Gabe nur unter Verwendung eines Partikelfilters (Porengröße 5 µm) zulässig ist, besteht weiterhin.

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hat kürzlich den Leitfaden „Medikamentöse Cholesterinsenkung zur Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse" erstellt.  Dieser Leitfaden informiert, ob in typischen klinischen Entscheidungssituationen ausreichend durch Studiendaten belegt ist, dass die lipidsenkende Therapie kardiovaskulären Ereignissen vorbeugt. Außer verschiedenen Indikationen der Statintherapie wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Ezetimib, PCSK9-Hemmern und Bempedoinsäure diskutiert. Die aktuellen Phase-3-Studien-Daten zur Bempedoinsäure konnte die Autoren allerdings nicht berücksichten. Die wichtigsten Punkte jedes Kapitels sind als „Fazit für die Praxis“ zusammengefasst.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat einen Beschluss gefasst zur Bewertung gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie für Olipudase alfa ( Xenpozyme, Sanofi-Aventis) als Enzymersatztherapie zur Behandlung von Manifestationen eines Mangels an saurer Sphingomyelinase (ASMD) außerhalb des zentralen Nervensystems bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Typ A/B oder Typ B: Olipudase alfa ist zugelassen als Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens, somit gilt laut einer  Mitteilung des G-BA vom 16.3.2023 der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt. Es besteht ein Anhaltspunkt für einen nicht-quantifizierbaren Zusatznutzen, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine Quantifizierung nicht zulässt.