Onkologika sind erheblich teurer als Medikamente anderer Therapiegebiete

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Ein Vergleich der Preise von Arzneimitteln die zwischen 2011 und 2020 gegen Krebs oder in anderen Indikationen zugelassen wurden, ergab erhebliche Unterschiede in der relativen Wertigkeit: Nach Adjustierung für epidemiologische Charakteristika der Patientenpopulationen waren die Krebsarzneien sowohl in den USA als auch in Deutschland und der Schweiz etwa 3-mal teurer als Nicht-Krebsmedikamente.

Hintergrund 

Die Preise, zu denen neue Arzneimittel auf den Markt kommen, haben sich in den vergangenen Jahren beträchtlich erhöht. Unter den verschiedenen Therapiegebieten ist dies insbesondere in der Onkologie der Fall. Für die Gesundheitssysteme stellt dies eine große Herausforderung dar, und sowohl in den USA als auch in Europa diskutiert man über eine mögliche Reform der Preisgestaltung bzw. Erstattung. Erklärtes Ziel der vorliegenden Studie war es nun zu prüfen, ob die Unterschiede bei den Behandlungspreisen zwischen Krebsarzneien und Nicht-Krebsarzneien durch Unterschiede in der Wirksamkeit oder durch epidemiologische Unterschiede bei den Patienten (Prävalenz, Inzidenz, Mortalität) erklärt werden können.

Design

In dieser Querschnittsstudie wurden alle zwischen 2011 und 2020 in den USA, Deutschland und der Schweiz neu zugelassenen Arzneien untersucht. Deren Wirksamkeit wurde aus den maßgeblichen Studien extrahiert, die Preise aus öffentlichen und kommerziellen Datenbanken, und die epidemiologischen Charakteristika der Patienten aus der Global Burden of Disease Studie 2019. Mittels Regressionsschätzungen wurde sodann geprüft, ob mögliche Preisunterschiede zwischen den Medikamentengruppen deren relative Wirksamkeit widerspiegeln.

Ergebnisse

  • Unter den 181 gefundenen Arzneien waren 68 (37,5 %) für die Behandlung von Krebserkrankungen zugelassen. Für beide Gruppen von Arzneimitteln fand sich eine signifikante negative Korrelation zwischen der Inzidenz/Prävalenz und den Behandlungskosten (je seltener, desto teuer) sowie eine signifikante positive Korrelation zwischen der Mortalität und den Behandlungskosten.
  • Der Zusammenhang zwischen der relativen Wirksamkeit und dem Preis war bei den Krebs-Arzneien weniger ausgeprägt. Diese waren nach Adjustierung für epidemiologische Charakteristika der Patientenpopulationen in allen 3 untersuchten Ländern etwa 3-mal teurer als Nicht-Krebsmedikamente.
  • Im Vergleich zu Medikamenten aus anderen Fachgebieten waren Onkologie-Arzneien für eine vollständige Behandlung in den USA $ 74.412 teurer (95%-Konfidenzintervall 62.810 – 86.015), in Deutschland waren es $ 37.770 (95%-KI 26.175 – 49.367) und in der Schweiz $ 32.801 (95%-KI 27.048 – 38.555). Dies entspricht beim aktuellen Wechselkurs Differenzen von gerundet 68000, 35000 und 30000 Euro.
  • Im Untersuchungszeitraum betrugen die durchschnittlichen jährlichen Preissteigerungen für Onkologiepräparate gegenüber Nicht-Krebsmedikamenten in:
    • Deutschland 7,9 versus 4,8 %,
    • Schweiz 8,1 versus 3,0 %,
    • USA 31,0 versus 17,6 %.

Klinische Bedeutung

Die Behandlungspreise für Krebsmedikamente enthalten im Vergleich zu Arzneien in andern Indikationen einen erheblichen Preisaufschlag. Da dem kein entsprechend großer Nutzen gegenüberstehe, fordern die Autoren, diese „Krebsprämie“ bei Reformen zur Preisgestaltung ins Visier zu nehmen. Das Ziel dieser Reformen solle es sein, sowohl der Zugang der Patienten zu Krebsarzneien zu verbessern als auch Gerechtigkeit zwischen den verschiedenen Therapiegebieten zu schaffen und die Gesundheitssysteme nachhaltig zu machen.

Finanzierung: Schweizerischer Nationalfonds, Krebsforschung Schweiz.