Omikron-Durchbruchsinfektion: Geringere infektiöse Viruslast erst nach Booster-Impfung

  • Andrea Hertlein
  • Medizinische Nachrichten
Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten. Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten.

Kernbotschaften

Gegen SARS-CoV-2 vollständig geimpfte Menschen sind weniger ansteckend als Ungeimpfte. Das gilt sowohl für die Delta-Variante als auch für Omikron. Allerdings ist nach Infektion mit der Omikron-Subvariante BA.1 eine Senkung der infektiösen Viruslast nur nach der 3. Impfstoffdosis zu beobachten. Das geht aus einer Studie der Universität Genf hervor, die jüngst in Nature Medicine publiziert wurde.

Ermittlung von Ct-Wert und infektiöser Viruslast

Für ihre Studie untersuchte das Team um Isabella Eckerle und Benjamin Meyer erstmals die Viruslast der verschiedenen Virusvarianten in Verbindung mit dem jeweiligen Impfstatus der Infizierten. Dazu werteten sie im Zeitraum zwischen April 2020 und Februar 2022 die Daten von insgesamt 565 SARS-CoV-2 infizierten Personen aus, bei denen 5 Tage nach Symptombeginn ein Nasen-Rachen-Abstrich genommen wurde. Die Wissenschaftler ermittelten als Grad der Ansteckungsfähigkeit sowohl die RNA-Viruslast mittels qRT-PCR (Real-Time Quantitative Reverse Transcription PCR), den sogenannten Ct-Wert, als auch die infektiöse Viruslast anhand von Zellkultur-Versuchen.

Von den 565 Probanden waren 100 mit der ursprünglich zirkulierenden Variante infiziert, 293 mit Delta und 101 mit der Omikron-Subvariante BA.1. Von den mit Delta infizierten Personen waren 166 vor der Infektion vollständig geimpft und 127 nicht geimpft. Bei den Omikron-Durchbruchsinfektionen waren 91 Probanden bereits vollständig geimpft, 30 hatten außerdem bereits einen dritte Dosis zur Auffrischung erhalten und 33 Omikron-Infizierte waren ungeimpft. Alle Studienteilnehmer, die sich mit der ursprünglichen Variante infiziert hatten, waren nicht geimpft, da zum Zeitpunkt der Infektion noch keine Impfstoffe verfügbar waren. Als geimpft beziehungsweise geboostert galten nur diejenigen, bei denen zwischen letzter Impfdosis und Diagnose mindestens 14 Tage lagen.

Reduzierung der infektiösen Viruslast um das 5fache

Die Auswertung der Daten ergab zunächst, dass eine Infektion mit der Delta-Variante zu einer deutlich höheren infektiösen Viruslast führte als eine Infektion mit der ursprünglichen Variante, und zwar bei Personen, die ungeimpft waren. Allerdings konnte eine zweifache Impfung die Menge ansteckender Viruspartikel bei Delta im Vergleich zu ungeimpften Probanden auf fast ein Fünftel reduzieren. Auch die Anzahl der RNA-Genomkopien war bei Geimpften deutlich kleiner (2,8fach) als bei den Ungeimpften.

Bei einer Infektion mit der Omikron-Variante BA.1 konnten die Wissenschaftler indessen fast keinen Unterschied hinsichtlich der Anzahl infektiöser Partikel zwischen Ungeimpften und zweifach Geimpften feststellen. Erst bei Studienteilnehmern, die bereits geboostert waren, reduzierte sich die infektiöse Viruslast signifikant. Beim Vergleich von Delta- und Omikron-Durchbruchsinfektionen stellten die Wissenschaftler zudem fest, dass die Viruslast bei Geimpften geringer ist, wenn sie sich mit Omikron anstatt mit Delta infizierten. Die hohe Infektiosität von Omikron müsse, so die Studienautoren, demnach auf andere Mechanismen zurückzuführen sein.

RNA-Viruslast schwacher Indikator für Infektiosität

"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Impfstoffe das Übertragungsrisiko senken können und daher einen Nutzen für die öffentliche Gesundheit haben, der über den individuellen Schutz vor schwerer Krankheit hinausgeht", so dass Fazit der Studienautoren. Das Ausmaß und der Zeitpunkt der Infektiosität von COVID-19-Patienten ist drüber hinaus eine wichtige Information, um fundierte Entscheidungen über die Dauer der Isolierung von Patienten und die Notwendigkeit einer Quarantäne von Kontaktpersonen zu treffen. Dabei wird die Ansteckungsfähigkeit sehr stark von der Anzahl infektiöser Partikel der infizierten Patienten beeinflusst, so die Schweizer Wissenschaftler. Die RNA-Virenlast sei indessen nur ein schwacher Indikator dafür. Dennoch werde die Viruslast häufig als RNA-Kopienzahl und nicht als tatsächlich infektiöses Virus gemessen, räumen die Autoren ein.